28.06.2021: Oberlandesgericht Köln: Widerruf der transmortalen Vollmacht durch einen der Miterben; Nachlasspflegschaft?

Vorsorgevollmachten werden heute meist in der Weise erteilt, dass sie auch nach dem Tod des Vollmachtgebers noch gültig bleiben. Aber so, wie der Vollmachtgeber selbst seine Vollmacht jederzeit widerrufen kann (sofern er noch geschäftsfähig ist), so können nach seinem Tod seine Erben die Vollmacht widerrufen. Dies geschieht auch nicht selten. Denn ohne einen solchen Widerruf haben der oder die Erben meistens keinen Überblick über die Nachlassangelegenheit. Sie bleiben sonst auf den guten Willen des Bevollmächtigten angewiesen, Auskünfte zu erteilen und Unterlagen zu kopieren. Nach nicht restlos geklärter überwiegender Ansicht in der Praxis kann jeder Miterbe die Vollmacht auch ohne Zustimmung der übrigen Miterben widerrufen. Nach einem solchen teilweisen Widerruf haben der Bevollmächtigte und der Miterbe, der widerrufen hatte, zusammen zu entscheiden, wenn über den Nachlass verfügt werden soll. Das heißt, der Widerrufende, der dem Bevollmächtigten nicht traut, muss künftig trotz des Widerrufs mit diesem zusammenarbeiten. Er mag sich wünschen, dass in einer solchen Lage das Gericht einen Nachlasspfleger einsetzt, der möglichst neutral agiert. Das Oberlandesgericht Köln hat allerdings entschieden, dass in dieser Lage das Nachlassgericht keinen Nachlasspfleger einsetzen muss – auch dann nicht, wenn für einen Bruchteil des Nachlasses noch unklar ist, wer sein Erbe ist. Denn Maßnahmen zur Erhaltung des Nachlasses könnte jeder Erbe ohnehin allein vornehmen, und die übrigen Verwaltungsmaßnahmen dürften mit Mehrheit getroffen werden, so dass es wegen des einen noch umstrittenen Erbteils keines Pflegers bedürfe.

OLG Köln, Beschluss vom 28.06.21, Aktenzeichen 2 Wx 184/21