05.04.2022: Oberlandesgericht Frankfurt a.M.: Vermächtnis ausgelaufener Wertpapiere

Vermacht jemand bestimmte Wertpapiere, und wurden diese Wertpapiere nach Errichtung des Testaments verkauft, so richtet sich das Vermächtnis auf den Verkaufserlös, jedenfalls, wenn der im Nachlass noch vorhanden ist, § 2173 S.1 BGB. Dasselbe gilt entsprechend, wenn die Wertpapiere nach Errichtung des Testaments ausgelaufen sind und der Gegenwert dem später Verstorbenen ausgezahlt wurde. Dasselbe gilt laut der hier vorliegenden Entscheidung, wenn nicht direkt die Wertpapiere vermacht wurden, sondern testamentarisch zunächst der Verkauf der Wertpapiere verfügt wurde mit der Maßgabe, dass der Verkaufserlös vermacht ist. Auch hier trete an die Stelle der Papiere der Erlös, und zwar unabhängig davon, ob die Papiere schon ausgelaufen und ausgezahlt waren oder erst noch verkauft werden mussten. Die Erblasserin habe – statt die Papiere direkt zu vermachen – auf notariellen Rat hin angeordnet, dass die Papiere zunächst verkauft und dann erst der Erlös vermacht würde – nur zum Zwecke der Vereinfachung, und nicht, wie die Erben meinten, damit ihnen der Erlös desjenigen Betrags verblieb, der schon durch Auslaufen vor dem Tod an die Erblasserin ausgezahlt worden war.

OLG Frankfurt, Urteil vom 05.04.2022, Aktenzeichen 10 U 200/20