24.04.2017: Oberlandesgericht Nürnberg: Wechselbezüglichkeit erstreckt sich auch auf die Anwachsung

Haben zwei Eheleute einander in gemeinschaftlichem Testament eingesetzt und für den Fall des Todes des zweiten von ihnen Schlusserben eingesetzt, so entfaltet das Testament nach dem Tode des ersten der beiden eine Bindungswirkung. Der länger Lebende der beiden kann dann also die Schlusserbeneinsetzung nicht mehr ändern. Gesetzlich nicht geregelt ist, was geschieht, wenn in einem solchen Fall einer von mehreren Schlusserben wegfällt. Wegfallen kann er dadurch, dass er nach Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments stirbt, aber auch dadurch, dass er trotz bestehender “Strafklausel” einen Pflichtteil fordert und infolgedessen (je nach Testamentsgestaltung) als enterbt gilt. Ist also auf diese oder jene Weise ein Schlusserbe weggefallen, so ist unklar, ob die Bindungswirkung des Testaments dazu führt, dass der Erbteil des weggefallenen Schlusserben den übrigen Schlusserben “anwächst” – oder ob der länger lebende Ehegatte nunmehr frei ist, den Erbteil des Weggefallenen anderweitig zu vergeben. Das OLG Nürnberg hat nun entschieden, dass die Bindungswirkung zwingend zur Anwachsung führt. Fällt also ein Schlusserbe weg, so erhalten die übrigen ihn nach Maßgabe der Größe ihrer testamentarischen Anteile.

OLG Nürnberg, Beschluss vom 24.04.2017, Aktenzeichen 1 W 642/17