12.07.2017: Bundesgerichtshof: Aufweichung der Stichtagsregelung für vor 1949 geborene nichteheliche Kinder.

Nachdem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 2009 das deutsche Recht, das nichtehelichen Kindern, die vor 1949 geboren sind, kein Erbrecht nach dem Vater gibt, für unrechtmäßig erachtet hat, korrigierte der Bundestag das Recht halbherzig dahingehend, dass in allen Erbfällen nach dem 29.05.2009 auch die nichtehelichen Kinder voll erbberechtigt sind. Mit dieser Stichtagsregelung blieben freilich die Kinder, deren Väter vor 2009 verstorben waren, weiterhin diskrimiert. Nach weiteren Urteilen des EGMR Anfang 2017 hat jetzt der Bundesgerichtshof die Stichtagsregelung aufgeweicht. Die Stichtagsregelung gilt nunmehr zwar weiter, aber die Gerichte müssen jeden Einzelfall auf Verhältnismäßigkeit des Erbausschlusses hin prüfen. Im konkreten Fall war für den BGH die Sache klar: die nichteheliche Tochter war die einzige Verwandte des vor 2009 verstorbenen Vaters, die Kontakt zu ihm gepflegt hatte; alle übrigen Verwandten, die ihr nach dem Stichtagsrecht vorgegangen wären, hatten keinerlei Interesse an dem fernen – zudem damals im anderen Teil Deutschlands lebenden – Verwandten gehabt.

BGH, Urteil vom 12.07.2017, Aktenzeichen IV ZB 6/15