23.11.2011: Bundesgerichtshof: befristeter gegenseitiger Kündigungsverzicht gültig.

Schon bisher hatte der Bundesgerichtshof einen beidseitigen Verzicht des Mieters und des Vermieters auf die ordentliche Kündigung durch Individualvereinbarung, aber auch durch Formular für gültig gehalten; letzteres allerdings nur auf maximal vier Jahre (ab Vertragsschluss!). Offen geblieben war bisher, was galt, wenn der Formularvertrag ganz pauschal “die Kündigung” beider Parteien auf drei oder maximal vier Jahre ausschloss. Hier war unklar, ob die Formularklausel vielleicht deshalb ungültig ist, weil die Parteien hier auch die außerordentliche (fristlose) Kündigung ausgeschlossen hätten. Der BGH hat nun allerdings entschieden, so könne man eine solche Klausel nicht verstehen. Es gilt nun also: auch wenn die Parteien “die Kündigung” auf zum Beispiel drei Jahre ausschließen (ohne dabei die außerordentliche Kündigung ausdrücklich zu erwähnen), so ist die Regelung trotzdem gültig.

BGH, Versäumnisurteil vom 23.11.2011, Aktenzeichen VIII ZR 120/11

23.11.2011: Bundesfinanzhof: Einzahlungen eines Ehegatten auf ein Oder-Konto

Zahlt ein Ehegatte Geld auf ein ihm zusammen mit dem anderen Ehegatten gehörendes Oder-Konto ein (also ein Konto, über das jeder unabhängig vom anderen verfügen kann), so sind solche Einzahlungen keineswegs automatisch oder in der Regel in hälftiger Höhe Schenkungen an den Ehegatten. Vielmehr bestehen im Regelfall unter den Ehegatten (stillschweigende) Übereinkommen darüber, was mit dem Geld geschehen soll, und nur zufällig ist dies eine Halbteilung der Guthaben. Die Feststellungslast für eine Schenkungsteuer liegt daher zunächst beim Finanzamt – und nicht beim Steuerpflichtigen.

BFH, Urteil vom 23.11.2011, Aktenzeichen II R 33/10

26.10.2011: Bundesgerichtshof: Nichteheliche Kinder, die vor 1949 geboren wurden, bleiben vom Erbrecht ausgeschlossen.

Das zweite Gesetz zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder hat nur die Rechtsstellung derjenigen Kinder angepasst, die nach dem 30.06.1949 geboren wurden. Dies verstößt nach Ansicht des BGH nicht gegen das Grundgesetz. Für ältere nichteheliche Kinder bedeutet es, dass sie weiterhin ohne Erbrecht und ohne Pflichtteilsrecht nach ihrem leiblichen Vater (“Erzeuger”) bleiben.

BGH, Urteil vom 26.10.2011; Aktenzeichen IV ZR 150/10

26.10.2011: Bundesgerichtshof: Lebzeitiges Eigeninteresse als teilweise Rechtfertigung einer Schenkung

Wer sich erbvertraglich gebunden hat, darf nicht vertragswidrig Gegenstände verschenken. Gleiches gilt für Partner eines gemeinschaftlichen Testaments, wenn ein Partner bereits verstorben ist. Enthält das gemeinschaftliche Testament (wie meistens) wechselbezügliche Verfügungen, so darf die Schenkung diesen nicht zuwiderlaufen – es sei denn, der Schenkende hat ein sog. lebzeitiges Eigeninteresse an der Schenkung. Will also der Schenker nicht nur das Testament umgehen, sondern mit der Schenkung ein darüber hinausgehendes eigenes Interesse verfolgen, so bleibt die Schenkung auch über seinen Tod hinaus wirksam. Der BGH stellt klar, dass ein lebzeitiges Eigeninteresse an Pflege und Besorgungen durch den Beschenkten auch dann bestehen kann, wenn der Schenkungsvertrag die Pflicht zu Pflegeleistungen ausdrücklich ausschließt. Denn einerseits kann die Schenkung schon erfolgte Leistungen vergelten, zum anderen kann schon die Hoffnung des Schenkers, nicht geschuldete Pflegeleistungen zu erhalten, eine Schenkung rechtfertigen.
Der BGH weist aber darauf hin, dass die Schenkung nicht außer Verhältnis zu den erhofften oder schon erhaltenen Vergünstigungen stehen darf, und dass es denkbar ist, dass ein solches lebzeitiges Eigeninteresse eine Schenkung nur zum Teil zu rechtfertigen vermag. In einem solchen Fall muss die Schenkung gedanklich aufgespalten werden in einen rechtmäßigen Teil und einen, der von den Gerichten zu revidieren ist.
Dies führt de facto dazu, dass künftig jede Schenkung in dieser Weise aufzuspalten ist. Denn nicht der Beschenkte muss beweisen, dass er das Geschenk behalten darf, sondern der Anspruchsteller, alson in der Regel der geprellte Miterbe, muss beweisen, dass der Schenker keinerlei lebzeitiges Eigeninteresse hatte. Das wird er nicht können, da sich das Nichtvorhandensein von Hoffnungen nicht beweisen lässt, zumal wenn der Hoffende verstorben ist. Der Geprellte muss daher, wenn er das Geschenk herausverlangen will, dem Beschenkten einen Geldbetrag in der Höhe anbieten, die dem zu vermutenden Eigeninteresse des nunmehr Verstorbenen entspricht.
Keine Rolle spielen in diesem Zusammenhang dagegen Vorempfänge: Hat der Geprellte seinerseits schon Geld vom Verstorbenen erhalten, so ist dies nicht bei der Herausgabe des Geschenks zu berücksichtigen, sondern erst bei der Erbteilung.

BGH, Beschluss vom 26.10.2011, Aktenzeichen IV ZR 72/11

24.08.2011: Oberlandesgericht Brandenburg: Kündigung von Konten durch eine Mehrheit der Erbengemeinschaft.

Eine ein Nachlasskonto führende Bank kann nicht verlangen, dass eine Kündigung von sämtlichen Erben unterschrieben wird. Eine solche Kündigung sei, wenn sie wirtschaftlich vernünftig sei und von der Mehrheit der Erben beschlossen wurde, entgegen dem Wortlaut des § 2040 BGB auch dann verbindlich, wenn sie “nur” von der Erbenmehrheit geltend gemacht wird.

OLG Brandenburg, Urteil vom 24.08.2011, Aktenzeichen 13 U 56/10

27.07.2011: Sozialgericht Freiburg: Rückgabe “verschenkter” Grundstücke auch nach mehr als 10 Jahren

Hatte ein heute Pflegebedürftiger einen Teil seines Vermögens verschenkt, so kann der Sozialhilfeträger, der für den Pflegebedürftigen aufkommt, von dem Beschenkten das Geschenk zurück verlangen – es sei denn, das Geschenk ist mehr als 10 Jahre vor dem Sozialfall gemacht worden. Nun hatten viele heute Pflegebedürftige Grundstücke an Angehörige verschenkt, sich selbst dabei aber das Nutzungsrecht auf Lebenszeit vorbehalten. Das Grundstück war somit nur “auf dem Papier” auf die Angehörigen übergegangen. Das Sozialgericht hat nun entschieden, dass die 10-Jahres-Frist in solchen Fällen gar nicht zu laufen beginnt. Der Sozialhilfeträger kann also auch nach Ablauf von 10 Jahren auf dieses “verschenkte” Grundstück zugreifen. Die Auffassung des Gerichts ist umstritten. Der Bundesgerichtshof hatte acht Tage zuvor noch gegenteilig entschieden (Die Frist beginne zu laufen, aber der Nießbrauch sei verwertbares Vermögen des Pflegebedürftigen; 19.07.2011, X ZR 140/10).

SG Freiburg, Urteil vom 27.07.2011, Aktenzeichen S 6 SO 6485/09

20.07.2011: Bundesgerichtshof: zur Rückforderung von Schenkungen durch die Schwiegereltern

Schwiegerkinder müssen, wenn ihre Ehe gescheitert ist, ihren Schwiegereltern Schenkungen erstatten, wenn die Schwiegereltern bei der Schenkung vorausgesetzt hatten, dass die Ehe der jungen Leute Bestand haben würde. Das ist typischerweise dann der Fall, wenn ein Haus geschenkt wurde oder Geldbeträge zum Erwerb oder zum Bau eines Hauses. Der Bestand der Ehe ist in solchen Fällen “Geschäftsgrundlage” für die Schenkung, weil es den Schenkenden wesentlich auch darum ging, dem eigenen Kind damit ein Familienheim zu ermöglichen. Es spielt dabei keine Rolle, dass in einem späteren Zugewinnausgleich das Schwiegerkind dem eigenen Kind ohnehin einen Ausgleich zahlen müsste. Ob nach der Trennung das eigene oder das Schwiegerkind dieses Haus bewohnt, spielt allerdings für die Höhe des Anspruchs eine Rolle; wohnt das eigene Kind nunmehr in dem Haus, erfüllt sich die Erwartung der Eltern jedenfalls teilweise. Dem Schwiegerkind verbleibt immerhin noch ein verminderter Sachwert.
Zahlen die Eltern bzw. Schwiegeltern nach Scheitern der Ehe weitere Beträge auf das Kreditkonto der jungen Leute, so können sie hiervon nichts zurückverlangen, da insofern der Fortbestand der Ehe keine Geschäftsgrundlage mehr sein konnte.

BGH, Urteil vom 20.07.2011, Aktenzeichen XII ZR 149/09

19.07.2011: Bundesgerichtshof: Fristlauf bei Verarmung des Schenkers.

Wer nach Verschenken seines Grundbesitzes nicht mehr in der Lage ist, seinen Unterhalt zu finanzieren, hat das Recht, das Grundstück (die Wohnung, das Wohnhaus) vom Beschenkten zurückzuverlangen – innerhalb einer Frist von 10 Jahren. Eine ähnliche 10-Jahres-Frist gilt im Pflichtteilsrecht: hatte der Erblasser in den letzten 10 Jahren vor seinem Tod ein Grundstück veräußert, so sind die Erben dem Pflichtteilsberechtigten einen Ausgleich schuldig. Im Pflichtteilsrecht beginnt die Frist erst zu laufen, wenn das Grundstück im Grundbuch auf den neuen Eigentümer umgeschrieben ist. Das kann Wochen oder Monate nach dem notariellen Schenkungsvertrag sein. Der BGH hat nun entschieden, dass im Bereich der “Verarmung des Schenkers” andere Grundsätze gelten: Maßgeblich für den Fristbeginn ist hier bereits der Antrag auf Umschreibung im Grundbuch (der zeitlich in der Regel in etwa mit dem Notarvertrag zusammenfällt).
Der BGH ergänzt, dass der Vorbehalt eines Wohnrechts – anders als im Pflichtteilsrecht – ohne Einfluss auf den Fristbeginn ist.

BGH, Urteil vom 19.07.2011, Aktenzeichen X ZR 140/10

01.06.2011: Oberlandesgericht Hamm: Kein Erbrecht der als Kind Adoptierten zu ihren neuen Verwandten in Altfällen.

Als Kinder Adoptierte erbten früher weiterhin nach ihrer alten Familie – und zusätzlich zu den neuen Eltern, falls die das nicht ausgeschlossen hatten. Ein Erbrecht nach den Verwandten ihrer neuen Eltern hatten sie dagegen nicht. Dabei blieb es auch bei der Neuregelung des Adoptionsrechts im Jahre 1977 für diejenigen, die als Kinder angenommen worden und zwischenzeitlich volljährig geworden waren.

OLG Hamm, Beschluss vom 01.06.2011, Aktenzeichen 15 Wx 61/11

04.05.2011: Bundesgerichtshof: Kurze Verjährung der Ansprüche des Mieters wegen unnötiger Schönheitsreparaturen

In vielen Fällen sind Renovierungspflichten in Mietverträgen unwirksam. Renoviert der Mieter trotzdem in der Annahme, dazu verpflichtet zu sein, hat er nach neuerer Rechtsprechung (BGH v. 27.05.2009) einen Erstattungsanspruch aus “Bereicherungsrecht”. Dieser Anspruch verjährt allerdings, wie der BGH jetzt entschieden hat, bereits sechs Monate nach dem rechtlichen Ende des Mietvertrags (nicht gleichbedeutend mit dem Auszug!).

BGH, Urteil vom 04.05.2011, Aktenzeichen VIII ZR 195/10

10.03.2011: Bundesgerichtshof: Günstig erben in der Insolvenz

Wer sich in der “Wohlverhaltensperiode” seines Insolvenzverfahrens befindet, muss die Hälfte dessen abgeben, was er während der Periode erbt (§ 295 InsO). Wer aber nicht Erbe wird, sondern nur ein Vermächtnis erhält oder gar nur einen Pflichtteilsanspruch hat, erhält dieses Vermögen nicht automatisch mit dem Todesfall, sondern erst, wenn er seinen Anspruch aktiv geltend macht. Das wirft die Frage auf, ob der Hinterbliebene, der Insolvenz angemeldet hat und noch in der Wohlverhaltensperiode steckt, mit der Geltendmachung ungestraft warten kann, bis er die Restschuldbefreiung erhalten hat, und dann den Anspruch in voller Höhe behalten kann. Der BGH hat nun entschieden, dass er das darf: Die Restschuldbefreiung darf ihm nicht versagt werden, wenn er das Vermächtnis bzw. den Pflichtteil während der Wohlverhaltensperiode noch nicht geltend macht. Er muss natürlich aufpassen, dass der Anspruch in der Zwischenzeit nicht verjährt ist.

BGH, Urteil vom 10.03.2011, Az. IX ZB 168/09

04.03.2011: Bundesgerichtshof: Unberechtigte Ausgaben gehören in die Jahresabrechnung!

Hat der Verwalter zu Unrecht Ausgaben getätigt, also aus der WEG-Kasse bezahlt, so müssen diese auch in die Jahresabrechnung eingestellt werden. Eine Jahresabrechnung, in der solche Ausgaben enthalten und auf die Eigentümer umgelegt worden sind, kann nicht mit Erfolg vor Gericht angegriffen werden, da sie rechnerisch korrekt ist. In solchen Fällen wäre dem Verwalter die Entlastung zu verweigern und zu beschließen, das Geld vom Verwalter erstattet zu verlangen.
Ausgaben, egal ob berechtigt oder unberechtigt, sind grundsätzlich nach den jeweiligen Miteigentumsanteilen auf alle Eigentümer umzulegen. Ausnahmen gelten dort, wo die Teilungserklärung eine Belastung einzelner Eigentümer vorsieht (Instandsetzung von Fenstern z.B.) oder wo rechtskräftig entschieden ist, dass ein Posten von einem oder von bestimmten Eigentümern zu tragen ist (Schadensersatzansprüche; Prozesskostenerstattung). Ohne vorangegangenen Prozess dagegen können einzelnen Eigentümern keine Kosten angelastet werden. Sonst träte an die Stelle des Schadensersatzprozesses gegen den Schädiger die belastende Kostenverteilung in der Jahresabrechnung, und nicht mehr der Richter entscheidet, ob und wieviel Schadensersatz zu zahlen ist, sondern der Verwalter (bzw. die Mehrheit der die Jahresabrechnung genehmigenden Eigentümer).

BGH, Urteil vom 04.03.2011, Aktenzeichen V ZR 156/10

19.01.2011: Bundesgerichtshof: Behindertentestament rechtmäßig

Eltern eines behinderten Kindes können ihr Testament rechtmäßig so abfassen, dass ihr Kind möglichst viel, der Sozialhilfeträger, der für das Kind zahlt, aber möglichst wenig profitiert. Es sei auch zulässig, dass im Anschluss an ein “Berliner Testament” alle Familienmitglieder einschließlich des behinderten Kindes auf ihren Pflichtteil verzichten – mit der Folge, dass auch der Sozialhilfeträger nicht auf einen Pflichtteil zugreifen kann.

BGH, Urteil vom 19.01.2011, Aktenzeichen IV ZR 7/10

22.12.2010: Landessozialgericht Baden-Württemberg: Kein postmortales Schonvermögen

Wer Sozialhilfe bezieht, insbesondere im Pflegefall, muss nicht sämtliches Vermögen abgeben. Vor allem eine selbst genutzte Wohnung gilt als “Schonvermögen”. Ist der Pflegebedürftige gestorben, können sich seine Erben nicht darauf berufen, dass sie einmal Schonvermögen war. Denn es soll nur der Pflegebedürftige selbst geschont werden, nicht aber das Vermögen des Erben. Die Erben können allerdings geltend machen, dass die Verwertung dieser Wohnung für sie selbst einen Härtefall bedeutet. Das ist vor allem dann der Fall, wenn den Hinterbliebenen nach Abzug der Schulden und der Zahlung an den Sozialhilfeträger kein Erlös mehr verbleibt.

LSG BW, Urteil vom 22.12.2010, Aktenzeichen L 2 SO 5548/08

14.10.2010: Bundesverwaltungsgericht: Bestattungspflicht für Nicht-Erben

Gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch tragen die Erben die Kosten der Bestattung. Es steht den Bundesländern trotzdem frei, für die Kosten einer Beerdigung oder Einäscherung auch Angehörige heranzuziehen, die nicht Erben geworden sind. Es ist dann Sache der Erben, den derart in Anspruch genommenen Angehörigen ihre Ausgaben zu erstatten.

BVerwG, Beschluss vom 14.10.2010, Aktenzeichen 7 B 56/10

18.06.2010: Bundesgerichtshof: Kostenverteilung bei Mehrhausanlagen

Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung sind grundsätzlich von allen Wohnungseigentümern entsprechend ihrem Miteigentumsanteil zu tragen, § 16 Absatz 2 WEG. Im Einzelfall kann die WEG mit qualifizierter Mehrheit die Kosten auch so verteilen, dass jeder die Teile zu zahlen hat, die er speziell nutzt oder verbraucht, § 16 Absatz 4 WEG. Besteht eine WEG aus mehreren Häusern, kann es auch einem solchen speziellen Nutzen entsprechen, das neue Dach eines Hauses nur von den Eigentümer der in diesem Haus befindlichen Wohnungen bezahlen zu lassen. Ein solcher Beschluss kann aber – laut BGH – immer dann keinen Bestand haben, wenn er aus Gerechtigkeitsgründen dazu zwingt, in kommenden Sanierungsfällen ebenso zu entscheiden: auch die Dächer der übrigen Häuser müssten allein von den dortigen Eigentümern bezahlt werden. Damit wäre es keine Regelung einer einzelnen Sanierung, sondern eine Änderung des Systems. Ob überzeugend oder nicht: Kostenverteilungen nach Häusern sollten unbedingt per Vereinbarung, am besten in der Teilungserklärung selbst, geregelt werden, ein für allemal und mit Zustimmung aller.

BGH, Urteil vom 18.06.2010 ; Aktenzeichen V ZR 164/09

03.02.2010: Oberlandesgericht Koblenz: Keine Befugnis eines Generalbevollmächtigten, die Vollmacht eines zweiten Generalbevollmächtigten zu widerrufen.

Hat jemand zu Vorsorgezwecken zwei Personen eine Generalvollmacht erteilt, so ergibt die Auslegung, dass keine der Vollmachten den Inhaber dazu berechtigt, dem anderen Bevollmächtigten die Vollmacht zu entziehen. Das könne nur der Vollmachtgeber selbst, oder, falls der nicht mehr geschäftsfähig ist, der vom Gericht eingesetzte Betreuer. Ein Machtkampf bzw. ein Wettlauf um den schnellsten Widerruf liege nicht im Interesse des Vollmachtgebers.

OLG Koblenz, Beschluss vom 03.02.2010, Aktenzeichen 19 U 124/09

17.12.2009: Bundesgerichtshof: Der Beschenkte hat immer das Recht, statt an den Sozialhilfeträger zu zahlen, das Geschenk als ganzes zurückzugeben

§ 528 BGB erlaubt es einem Schenker, sein Geschenk zurückzufordern, wenn er selbst später nicht mehr in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Ist das Geschenk, wie meist, wenn es sich um Immobilien handelt, mehr wert als das, was der arme Schenker zum Leben braucht, so richtet sich der Rückforderungsanspruch nicht auf Rückgabe des ganzen Geschenks, sondern nur auf regelmäßige Geldzahlung – bis der Wert des Geschenks aufgezehrt ist. Allerdings dient diese Einschränkung nur den Interessen des Beschenkten. Sie hat nicht den Sinn, dem verarmten Schenker die Mühen der Verwertung eines vielleicht kaum verkäuflichen Grundstücks abzunehmen. Gibt also der Beschenkte das kaum verkäufliche Grundstück lieber zurück als regelmäßig Geld zu zahlen, so bleibt ihm dies unbenommen.
Das gilt auch für den praktisch viel wichtigeren Fall, dass nicht der arme Schenker sein Grundstück zurück haben will, sondern der Sozialhilfeträger, der für den Armen Leistungen erbringt (Heimunterbringung), Geld fordert. Bekanntlich hat der Sozialhilfeträger das Recht, Ansprüche, die der Arme gegen Dritte hat, auf sich überzuleiten (§ 93 SGB XII). So kann er anstelle des Armen auch ein Geschenk zurückfordern – oder Geld, falls das dem Beschenkten lieber ist.

BGH, Urteil vom 17.12.2009, Aktenzeichen Xa ZR 6/09

04.12.2009: Bundesgerichtshof: Korrekte Darstellung der Rücklagen in der Jahresabrechnung

Unzulässig ist die Praxis vieler Verwaltungen, die Instandhaltungsrücklage als “Soll-Rücklagen” zu führen. Entscheidend ist, dass die Jahresabrechnung angibt, in welcher Höhe Rücklagen tatsächlich vorhanden sind (“Ist-Rücklage”). Unzulässig ist es auch, Zahlungen der Eigentümer auf die vereinbarte Rücklage nicht als Einnahme zu verbuchen. Jegliche Zahlung des Wohnungseigentümers an die Gemeinschaft ist eine Einnahme und muss als solche ausgewiesen werden. Anderernfalls ist eine Kontrolle der Kontenentwicklungen nicht möglich. Konsequenz dieser Entscheidung ist, dass auch Ausgaben, die die Verwaltung aus der Rücklage tätigt, als Ausgaben in der Jahresabrechnung aufzuführen sind.

BGH, Urteil vom 04.12.2009, Az. V ZR 44/09

28.05.2009: Europ. Gerichtshof für Menschenrechte: Erbausschluss für nichteheliche, vor 1949 geborene Kinder rechtswidrig.

Der Ausschluss des Erbrechts für nichteheliche Kinder, die vor dem 01.07.1949 geboren sind, und nach noch geltendem Recht nur ihre Mutter, aber nicht ihren Vater beerben können, verstößt gegen die Europäische Menschenrechtskonvention.
Der Bundestag ist verpflichtet, das Gesetz zu ändern.

EGMR, Urteil vom 28.05.2009; Brauer ./. Bundesrep. D

18.02.2009: Bundesgerichtshof: bunt gestrichene Wände sind nicht per se verbietbar.

Klauseln im Mietvertrag, wonach der Mieter verpflichtet sei, die Schönheitsreparaturen in “neutralen Farbtönen” vorzunehmen, seien eine unzulässige Benachteiligung des Mieters, wenn keine Beschränkung dieser Pflicht auf den Zeitpunkt der Rückgabe der Mietsache erkennbar sei. Freilich ist es jetzt das Problem des Vermieters, seine Vertragsklauseln so zu formulieren, dass er nicht eine “farbwahlfreie” Renovierung während der Mietzeit mit einer “farbneutralen” Endrenovierungsklausel kombiniert. Denn diese wäre auch wieder unwirksam. Außerdem sagt das Urteil zunächst nur, dass der Mieter bei einer “farbneutralen” Vertragsklausel nicht zur Renovierung verpflichtet ist. Es sagt aber nichts darüber aus, welche Folgen es hat, wenn der Mieter tatsächlich farbig streicht. Kann jetzt der Vermieter einen deckenden “farbneutralen” Anstrich bei Auszug in jedem Fall verlangen, oder nur, wenn er dies wirksam vertraglich vereinbart hat?

BGH, Urteil vom 18.02.2009, Aktenzeichen 8 ZR 166/08

06.03.2008: Bundesgerichtshof: Haftung des illegitimen Erb-Verwalters.

Es ist nach dem Gesetz Sache der Erben, im allseitigen Einvernehmen das Erbe zu verwalten, solange es noch nicht geteilt ist. Natürlich ist es möglich, dass alle Erben einen von ihnen bevollmächtigen, im Namen aller die Erbschaft zu verwalten. Zieht aber einer von mehreren Erben die Verwaltung eines Erbes an sich, ohne dazu von allen bevollmächtigt zu sein, geht er ein Haftungsrisiko ein. In dem hier entschiedenen Fall hatte es der selbsternannte Verwalter unterlassen, bei einer zum Nachlass gehörenden Immobilie die Miete zu erhöhen, obwohl dies nach der Marktlage ohne weiteres angemessen gewesen wäre. Der BGH hat zwar entschieden, dass der Verwalter nicht verpflichtet gewesen wäre, die Miete zu erhöhen. Er hätte aber die Miterben auf die Möglichkeit einer Mieterhöhung hinweisen können. Nimmt er ihnen so die Möglichkeit, selbst die Miete zu erhöhen, kommt daher eine Haftung des selbsternannten Erb-Verwalters in Betracht.

BGH, Urteil vom 06.03.2008, Aktenzeichen III ZR 219/07

09.01.2008: Amtsgericht Hamburg: Umfang der Beerdigungskosten

Das Gesetz regelt nicht, was im einzelnen zu den Beerdigungskosten zählt, die der Erbe zu tragen hat. Das Amtsgericht Hamburg meint: die Kosten für die Bestattung samt einem Sarggesteck, eine übliche kirchliche oder bürgerliche Feier, die Erstanlage des Grabes, Todesanzeigen und Danksagungen. Nicht dazu gehören danach Reisekosten und Kränze der Angehörigen – und natürlich nicht die späteren Kosten der regelmäßigen Grabpflege.

AG Hamburg, Beschluss vom 09.01.2008, Aktenzeichen 7 C 13/07

20.09.2007: Oberlandesgericht Karlsruhe: Rechtsschutz für Fälle vorweggenommener Erbfolge

Rechtsschutzversicherungen sind in Fällen des Erbrechts grundsätzlich nicht verpflichtet, für mehr als eine Beratung zu zahlen. Insbesondere Streitigkeiten vor Gericht werden nicht übernommen. Anders ist es laut dem OLG Karlsruhe, wenn um die Folgen einer “vorweggenommenen Erbfolge” gestritten wird. Davon spricht man vor allem in Fällen, in denen Grundstücke per notariellem Vertrag an künftige Erben übertragen werden. Für Streitigkeiten, die aus solchen Verträgen entstehen, sind also die Rechtsschutzversicherungen eintrittspflichtig – nicht aber für die Beratung zur Erstellung eines solchen Übertragungsvertrags.
Das Urteil wurde trotz zugelassener Revision rechtskräftig.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.09.2007, Aktenzeichen 12 U 27/07

15.08.2006: Oberlandesgericht Schleswig: Anspruch auf Wertermittlung eines verkauften Grundstücks

Der Pflichtteilsberechtigte hat gegen den Erben einen Anspruch auf Auskunft über den Nachlass. Weil er seinen Pflichtteil aber nicht nur aus dem Nachlass selbst berechnen kann, sondern zusätzlich auch aus Gegenständen, die der spätere Erblasser schon zu Lebzeiten an andere Personen verschenkt hatte (sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch), erstreckt sich der Auskunftsanspruch auch auf solche verschenkten Gegenstände. Daneben hat der Pflichtteilsberechtigte einen Anspruch auf Ermittlung des Wertes solcher verschenkter Grundstücke – also auf Einholung eines Wertgutachtens durch den Erben.
Schwierig wird es, wo der spätere Erblasser Gegenstände verkauft hatte und nicht klar ist, ob der Kaufpreis ein reeller Preis oder ein Freundschaftspreis war. Im letzteren Fall spricht der Jurist von einer “gemischten Schenkung”: das Geschäft war eben nur zum Teil ein Kaufvertrag – zum anderen Teil war es eine Schenkung.
Der Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten erstreckt sich also auch auf Kaufverträge, und zwar unabhängig davon, ob der Pflichtteilsberechtigte bereits Anhaltspunkte dafür hat, ob das Objekt zu einem Marktpreis oder zu einem Freundschaftspreis veräußert worden war. Der Pflichtteilsberechtigte soll selbst anhand des ihm mitgeteilten Kaufpreises ermitteln können, ob der Kaufvertrag in Wahrheit eine “gemischte Schenkung” war oder nicht.
Um dies zu ermitteln, muss der Pflichtteilsberechtigte den Kaufpreis mit dem Marktpreis vergleichen, und dazu benötigt er in der Regel ein Wertgutachten. Problematisch ist, ob er dieses Wertgutachten im Rahmen seines Wertermittlungsanspruchs von dem Erben verlangen kann, oder ob er das Gutachten selbst in Auftrag geben muss. Das OLG Schleswig hat nun entschieden, dass er ein Wertgutachten von dem Erben nur verlangen kann, wenn er bereits nachweisen kann, dass das Objekt verschenkt wurde. Benötigt er das Gutachten aber, um erst zu ermitteln, ob der Kaufpreis unter dem Marktpreis lag, muss er das Gutachten selbst einholen. Denn anders als der Auskunftsanspruch setze der Wertermittlungsanspruch voraus, dass eine Schenkung vorliege.

OLG Schleswig, Urteil vom 15.08.2006, Aktenzeichen 3 U 63/05

16.02.2005: Bundesgerichtshof: Die Schonfristzahlung lässt die ordentliche Kündigung unberührt.

Kündigt der Vermieter dem Mieter wegen Zahlungsrückständen fristlos und zugleich “hilfsweise” ordentlich, so kann der Mieter durch rechtzeitig nach Klageerhebung geleistete Zahlung aller Rückstände (“Schonfristzahlung”) die fristlose Kündigung ungeschehen machen (§ 569 III Nr.2 BGB). Diese Zahlung befriedigt den Vermieter zwar finanziell, lässt aber nicht auch die schon erklärte ordentliche Kündigung entfallen. Der Mieter muss also womöglich räumen, obwohl und nachdem er die Rückstände beglichen hat. Denn die ordentliche Kündigung unterliegt laut dem Bundesgerichtshof eigenen Regeln. Anders als die fristlose Kündigung, welche nur “Verzug” voraussetzt, ist eine ordentliche Kündigung nur möglich, wenn den Mieter ein Verschulden trifft. Verzug tritt auch ohne Verschulden ein, soweit es um die Frage der Zahlungsfähigkeit geht (nicht eindeutig geregelt in § 276 I BGB, aber schon immer allgemeine Meinung: wer eine Geldschuld auf sich nimmt, garantiert die Zahlungsfähigkeit). Der Mieter, der sich nach Schonfristzahlung weiterhin mit der ordentlichen Kündigung konfrontiert sieht, kann sich also insoweit noch damit verteidigen, unverschuldet in Geldnot geraten zu sein. Im übrigen hat er eine Kündigungsfrist, die je nach Länge des bisherigen Mietverhältnisses drei, sechs oder neun Monate dauert, und daher in der Regel Zeit genug, in Ruhe eine neue Wohnung zu suchen. Schließlich lässt es der BGH sogar zu, dass der Zahlungsverzug, der zur Kündigung geführt hatte, durch die Schonfristzahlung nachträglich in einem “milderen Licht” erscheint, welches das Verschulden womöglich auch rückwirkend abmildert. Der BGH lässt allerdings offen, wie und unter welchen Umständen solches möglich ist. Hat der Mieter Glück, überwiegen in der nach § 573 I nötigen Abwägung nun seine eigenen Bestandsinteressen das berechtigte Interesse des Vermieters an der Vertragsbeendigung.

BGH, Urteil vom 16.02.2005, Aktenzeichen VIII ZR 6/04

08.12.2004: Bundesgerichtshof: Pflichtteilsansprüche infolge eines Behindertentestaments

Hat ein Sozialhilfeträger für einen Bedürftigen (insbesondere einen Behinderten) Hilfeleistungen erbracht, kann er einen möglichen Anspruch des Bedürftigen auf Auszahlung eines Pflichtteils auch gegen den Willen des Bedürftigen zur Deckung der Kosten geltend machen. Dies war bisher nicht anerkannt; vielmehr wurde dem Behinderten das Recht vorbehalten, den Pflichtteil zu fordern – dann ging er an den Sozialhilfeträger – oder eben nicht. Dann verblieb das Geld eben bei den Erben. Die neue Rechtslage führt sogleich zu Problemen, wo sogenannte Pflichtteilsstrafklauseln in einem Behindertentestament enthalten sind. Diese Probleme entschärft der BGH hier sogleich, indem er das Behindertentestament so versteht, dass die Strafklausel nur dann eingreift, wenn der Behinderte selbst den Pflichtteil verlangt – nicht aber auch dann, wenn dies der Sozialhilfeträger tut. Anderenfalls würde nämlich die Strafklausel dazu führen, dass der Behinderte alles verliert und der Sozialhilfeträger in beiden Erbfällen einen Pflichtteilsanspruch einziehen kann.

BGH, Urteil vom 08.12.2004, Aktenzeichen IV ZR 223/03, https://openjur.de/u/206306.html

29.07.2004: Bayerisches Oberstes Landesgericht: Zugang zum gemeinsamen Dachspitz nicht für alle

Die Teilungserklärung des hier strittigen Objekts sah einen in Gemeinschaftseigntum stehenden Dachspitz vor, aber keinen in Gemeinschaftseigentum stehenden Zugang dorthin. In einem solchen Fall haben die Eigentümer keinen Anspruch darauf, dass ein solcher Zugang geschaffen wird. Es kann von rechts wegen dabei bleiben, dass allein der Eigentümer des obersten Stockwerks Zugang zum – im Gemeinschaftseigentum stehenden – Dachspitz hat.

BayObLG, Beschluss vom 29.07.2004, Aktenzeichen 2Z BR 98/04

14.07.1993: Bundesverfassungsgericht: Abmeierung von psychisch Kranken

Wer grob gegen Pflichten, die ihm als Mitglied einer WEG auferlegt sind, verstößt, kann von den übrigen Eigentümern zum Verkauf der Wohnung gezwungen werden (§ 18 WEG). Ist der Störer in einem solchen Maße psychisch krank, dass ihm die Verletzungen nicht als persönliche Schuld zugerechnet werden können, ist ein erzwungener Verkauf nur möglich, wenn keine Aussicht auf Besserung besteht.
Bei psychisch Gesunden, schuldfähigen Störern dagegen kann im Einzelfall auch ein einmaliger Pflichtenverstoß so erheblich sein, dass den übrigen Eigentümern der Verbleib des Störers nicht zuzumuten ist. Dem Schuldfähigen wird also seine Verantwortlichkeit für das frühere Tun auch in der Folgezeit noch mit Recht entgegen gehalten; bei dem Kranken ist dies nicht möglich.

BVerfG, Beschluss vom 14.07.1993, Aktenzeichen 1 BvR 1523/92