06.07.2018: Oberlandesgericht Düsseldorf: Kein Recht auf Belegvorlage.

Der Pflichtteilsberechtigte kann vom Erben Auskunft über den Nachlassbestand am Todestag verlangen; dazu über solche Verfügungen zu Lebzeiten, die als Schenkung zu qualifizieren sind oder sonst einen Pflichtteilsergänzungsanspruch begründen können. Er kann außerdem sachverständige Ermittlung des Wertes jedes einzelnen Nachlassgegenstands verlangen, und dazu bedarf es gelegentlich auch der Aushändigung von Belegen. Es gibt aber keinen allgemeinen Anspruch an den Erben, dem Berechtigten zusammen mit der Auskunft Belege, insbesondere Sparbücher und Kontoauszüge, vorzulegen. Der Gesetzgeber unterscheidet klar zwischen Auskunft einerseits und Rechnungslegung andererseits. Zur Rechnungslegung gehören auch Belege, aber im Pflichtteilsrecht gibt es keinen Anspruch auf Rechnungslegung. Für den Pflichtteilsberechtigten ist das misslich, weil er auf die Ehrlichkeit des Erben angewiesen bleibt, an der es häufig fehlt.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.07.2018, I-7 U 9/17

02.07.2018: Oberlandesgericht Stuttgart: Der Auskunftsanspruch des Miterben verjährt in drei Jahren.

Auskunftsansprüche unter Miterben über den Bestand und Verbleib der Nachlassgegenstände verjähren lt. dem OLG Stuttgart in drei Jahren, obwohl der Anspruch auf Auseinandersetzung des Nachlasses gar nicht verjährt. So muss – wer ausgleichspflichtige Leistungen durch seine Miterben befürchtet oder erhofft, dass solche an den Miterben erfolgt sind (inbesondere Schenkungen der Eltern) – innerhalb von drei Jahren entsprechende Auskunft erbitten und nötigenfalls einklagen, auch wenn die Auseinandersetzung des Erbes noch gar nicht vorgesehen ist. Die Rechtsauffassung des OLG Stuttgart ist demgemäß umstritten.

OLG Stuttgart, Beschluss vom 02.07.2018, Aktenzeichen 19 W 27/18

08.06.2018: Bundesgerichtshof: Die WEG haftet den Wohnungseigentümern nicht für unterlassene Beschlüsse oder die unterlassene Umsetzung gefasster Beschlüsse.

Dass die Wohnungseigentümergemeinschaft nur als “teilrechtsfähig” angesehen wird, äußert sich in der Praxis vor allem darin, dass die Gemeinschaft (“WEG”) zwar nach außen hin (Handwerkern) handlungsfähig ist, aber nicht durchweg auch nach innen (dem Verwalter und der Eigentümerversammlung gegenüber). Unterlässt diese es, Beschlüsse zu fassen, oder unterlässt es jener, Beschlüsse durchzuführen, so haften dafür Verwalter und Wohnungseigentümer, aber nicht die “WEG” als Verband.
Der einzelne Eigentümer hat – nunmehr bestätigt – auch einen klagbaren Anspruch gegen den Verwalter auf Umsetzung eines Beschlusses.

Richtet ein vom Verwalter engagierter Handwerker o.ä. am Sondereigentum einen Schaden an, so haftet hierfür ebenfalls nicht die WEG als Verband, sondern der Handwerker.

BGH, Urteil vom 08.06.2018, Aktenzeichen V ZR 125/17

07.06.2018: Landgericht Frankfurt am Main: Wiederherstellung der ursprünglichen – plangerechten – Bauzustands nach Verjährung des Rückbauanspruchs

Auch in Zweier-WEG steht der Duldungsanspruch nur der Gemeinschaft zu!

Der Anspruch auf Beseitigung einer unzulässigen baulichen Veränderung ist auch in der WEG ein Individualanspruch des einzelnen Wohnungseigentümers. Hat jeder Wohnungseigentümer seinen Anspruch verjähren lassen, kann die Wohnungseigentümergemeinschaft die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands beschließen. Die Kosten sind dann freilich von allen gemeinsam zu tragen, es sei denn, die Teilungserklärung bestimmt etwas anderes. Um die Wiederherstellung in der Wohnung desjenigen, der unzulässig umgebaut hat, tatsächlich durchzusetzen, bedarf es aber neben dem Rückbaubeschluss auch eines Anspruchs der WEG gegen den Betreffenden auf Duldung der Störungsbeseitigung. Das Landgericht hat entschieden, das auch in Zwei-Personen-Gemeinschaften dieser Anspruch immer nur der Gemeinschaft zugestanden hatte – und nicht zusammen mit den Individualansprüchen verjährt ist.

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 07.06.2018, Aktenzeichen 2-13 S 98/17

30.05.2018: Bundesgerichtshof: Nebenkostenabrechnung nach tatsächlicher Wohnfläche

Weicht, wie häufig, die vertraglich vereinbarte Wohnfläche von der tatsächlichen ab, muss der Vermieter die Betriebskosten, soweit sie nach Maßgabe der Wohnfläche umzulegen sind, nach der tatsächlichen Wohnfläche umlegen. Bisher hatte gegolten: weicht die tatsächliche Fläche nicht mehr als 10% von der vereinbarten ab, gilt die vereinbarte Fläche. Dies war wohl die praktikablere Lösung, denn die vereinbarte Fläche ergibt sich aus dem Mietvertrag, die tatsächliche Fläche muss erst einmal – sachverständig? – ermittelt werden.

BGH, Urteil vom 30.05.2018, Aktenzeichen VIII ZR 220/17

17.05.2018: Landgericht Frankfurt a.M.: Anfechtungsrecht in WEG mit Untergemeinschaften

Mehrhausanlagen sind häufig rechtlich als Gemeinschaft (WEG) mit Untergemeinschaften ausgestaltet. Typischerweise entscheiden die Untergemeinschaften autonom über Sanierungen an “ihrem Haus”, und nur ihre Mitglieder (die Bewohner dieses Hauses) tragen die anfallenden Kosten. Im hier entschiedenen Fall hat ein Eigentümer aus einem anderen Haus – einer anderen Untergemeinschaft einen Sanierungsbeschluss angefochten. Das Gericht hat entschieden, dass jedem Mitglied der WEG ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung von Beschlüssen einer Untergemeinschaft zusteht, falls nicht im Einzelfall die Haftung aller Mitglieder der WEG für Schulden der Untergemeinschaft ausgeschlossen ist. Denn im Ernstfall hilft es dem “hausfremden” Miteigentümer nicht, dass die Kosten einer Sanierung nur auf die Mitglieder in dem sanierten Hause umzulegen sind. Die Haftung im Falle des Zahlungsausfalls trifft nämlich nach § 10 Abs.8 WEG alle WEG-Mitglieder.

LG Frankfurt, Urteil vom 17.05.2018, Aktenzeichen 2-13 S 168/15

15.05.2018: Bundesgerichtshof: Zum Zahlungsverzug bei nur symbolischer Miete

Haben die Beteiligten eine nur symbolische Miete vereinbart, genügt es für die Kündigung wegen Zahlungsverzugs nicht, dass die Mieterin mit einem Betrag von zwei symbolischen Monatsmieten in Verzug ist. “In einem derart atypischen Fall” sei auf den objektiven Mietwert der Wohnung abzustellen. So das Berufungsgericht in der Vorinstanz, und der BGH sah keinen Grund, sich davon zu distanzieren. Die symbolische Miete betrug hier 1 Euro Kaltmiete plus Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von € 220,-. Der Vermieter hatte gemeint, ein Rückstand in Höhe von mehr als 2 x € 221,- berechtige ihn zur Kündigung. Das Landgericht hat festgestellt, dass der wahre Wohnwert 900 Euro betrug, so dass zur Kündigung nach § 543 II S.1 Nr.3b) ein Rückstand in Höhe von 2 x (€ 900+220), also € 2240,- erforderlich gewesen wäre.

BGH, Hinweisbeschluss v. 15.05.2018, Aktenzeichen VIII ZR 150/17 (rechtskräftig nach Revisionsrücknahme)

08.05.2018: Bundesgerichtshof: Kündigungsverzicht ist – individuell vereinbart – wirksam.

Zwar nicht in Kleingedrucktem (“AGB”), wohl aber als Ergebnis individueller Verhandlung, können Mieter und Vermieter vereinbaren, dass der Vermieter ohne jede zeitliche Einschränkung auf sein Recht zur ordentlichen Kündigung verzichtet. Das hat der BGH nun entschieden. Dabei könne vorerst offen bleiben, ob eine solche Vereinbarung zugleich bedeutet, dass der Vermieter jedenfalls nach 30 Jahren kündigen könne.
Nebenbei hat der BGH klargestellt, dass natürlich der Mieter nicht deshalb Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist, weil er auf Verlangen des Vermieters einen bestimmten Vertragsvordruck besorgt hat.

BGH, Beschluss vom 08.05.2018, Aktenzeichen VIII ZR 200/17

04.05.2018: Bundesgerichtshof: Behebung eines anfänglichen Baumangels in der Altbau-WEG

Wenn Feuchtigkeit die Nutzbarkeit von Räumen erheblich beeinträchtigt, haben alle Wohnungseigentümer einen Anspruch darauf, dass dieser Mangel behoben wird. Das gilt auch im Altbau (von 1890), und zwar unabhängig davon, ob er als “vollständig saniert” beworben worden war. Maßgeblich ist allein, ob ein Raum ohne gravierende Einschränkungen so nutzbar ist, wie er nach dem Aufteilungsplan genutzt werden soll, insbesondere also als Wohnung oder als Laden. Die Rechtslage sei also anders als bei Fragen der Ausstattung mit Trittschallschutz. Dort komme es allein auf den Baustandard zur Zeit der Errichtung des Gebäudes an. Stehe aber nicht der Standard in Frage, sondern die Nutzbarkeit als solche (nämlich bei erheblicher Feuchtigkeit), spiele das Alter des Gebäudes keine Rolle. Liegt der Grund für die Feuchtigkeit darin, dass die Sanierung, die im Zuge der Aufteilung des Altbaus (und Umwandlung in Eigentumswohnungen) durchgeführt wurde, technisch unzureichend war,  so ist dieser Anspruch der Sache nach ein Anspruch auf erstmalige ordnungsmäßige Herstellung des Gebäudes.
Auf die Kosten der Sanierung kommt es dabei nicht an. Es gelten nur zwei Ausnahmen, die aber hier nicht eingreifen: 1) wenn eine vollständige Sanierung nicht zwingend erforderlich ist, um die aufteilungsplanmäßige Nutzung aller Räume sicherzustellen, hat die WEG einen Ermessensspielraum: sie muss dann auch die Zahlungsfähigkeit der Wohnungseigentümer berücksichtigen und kann eine vollständige Sanierung auch erst einmal zurückstellen.
2) wenn die Gebäudesubstanz nicht gefährdet ist, kann auch eine Anpassung der Teilungserklärung an die Realität in Betracht kommen. Dies geschieht eigentlich nur dort, wo aufgrund des in der Gründungszeit der WEG begangenen Fehlers ein Sondereigentum gar nicht entstanden ist (der Bau wurde gänzlich anders errichtet als in den Plänen vorgesehen). Theoretisch könnte man aber auch bei Feuchtigkeitsschäden die Teilungserklärung an die Realität anpassen, indem man zum Beispiel den feuchten Raum zum Abstellraum umdeklariert. Das komme aber nur in Extremfällen in Frage – und auch nur gegen Entschädigung des damit enteigneten Wohnungs- oder Ladeninhabers.

BGH, Urteil vom 04.05.2018, Aktenzeichen V ZR 203/17. https://openjur.de/u/2111252.html

04.05.2018 Bundesgerichtshof: Sanierung der Dachterrasse auf Kosten des Sondereigentümers

Steht eine Dachterrasse – wie meist in solchen Fällen – nach der Teilungserklärung im Sondereigentum desjenigen, der den Zugang zu ihr genießt, und erklärt die Teilungserklärung weiter, dass die Sondereigentümer “Balkone und Loggien” selbst zu unterhalten hätten, so hat der betreffende Sondereigentümer nicht nur diejenigen Teile der Dachterrasse auf eigene Kosten zu sanieren, die in seinem Sondereigentum stehen (das ist nämlich kaum mehr als der Fußbodenbelag der Terrasse), sondern auch diejenigen Teile, die im Gemeinschafteigentum stehen. Bei Dachterrassen ist das zugleich das Dach des Hauses. Der BGH erklärt dies damit, dass eine Dachterrasse eine Einrichtung ist, die gegenüber einem schlichten Dach erhebliche Mehrkosten verursacht, und diese seien komplett von dem Nutznießer zu tragen. Das dürfte bedeuten, dass der Nutznießer auch diejenigen Teile instandhalten muss, die man aufgrund sprachlichen Verständnisses nicht als Teil der Dachterrasse bezeichnen würde, die aber erst durch die Dachterrasse nötig werden (z.B. Regenrinnen und Isolierungen benachbarter Gebäudeteile). Dass der Nutznießer nicht nur selbst diese Teile instand halten muss, sondern in dem Falle, dass die WEG die Sanierung beschließt, deren Kosten zu übernehmen hat, erörtert der BGH nicht ausdrücklich. Dass dies in der Regel so ist, hat der BGH in einer früheren Entscheidung bereits begründet (Urteil vom 28.10.2016 – V ZR 91/16) 

BGH, Urteil vom 04.05.2018, Aktenzeichen V ZR 163/17

30.04.2018: Landgericht Koblenz: Pflicht zur Geltendmachung von Schadensersatz gegen den Verwalter

Handelt der Verwalter pflichtwidrig, und entsteht der WEG dadurch ein finanzieller Schaden, sind die Mitglieder der WEG einander verpflichtet, einen Beschluss zu fassen, wonach der Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter tatsächlich – notfalls vor Gericht – durchgesetzt wird. Eine solche Beschlussfassung kann, wenn die Mehrheit der WEG sie ablehnt, durch Gerichtsentscheidung ersetzt werden. Die Anforderungen an die Darstellung des möglichen Schadensersatzanspruchs sind dabei überraschend niedrig. Eine schlüssige Darstellung reicht aus, und der Schadenseintritt darf nicht ganz fernliegend sein. Dass es im Prozess gegen den Verwalter auch gewisse Beweisschwierigkeiten und sonstige normale Prozessrisiken geben könnte, steht dem nicht entgegen. Jedenfalls zählen weder Bequemlichkeit noch der Wunsch einzelner WEG-Mitglieder, es sich mit dem Verwalter nicht zu verderben.

LG Koblenz, Urteil vom 30.04.2018, Aktenzeichen 2 S 67/16

30.04.2018: Oberlandesgericht Koblenz: Anforderungen an ein notarielles Nachlassverzeichnis

Der Notar hat zwar die Pflicht, “den Nachlassbestand selbst zu ermitteln” und zugleich Verantwortung für die Richtigkeit des Inhalts zu übernehmen. Ob das so entstandene Verzeichnis aber den Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf Auskunft erfüllt, richtet sich nicht nach den Kenntnissen oder Erkenntnismöglichkeiten des Notars, sondern allein nach denen des Erben. Hat also der Erbe dem Notar Umstände verschwiegen, so ist die Auskunft unvollständig – unabhängig davon, ob der Notar diese Umstände selbst hätte ermitteln können oder müssen.
Das Gericht betont, dass der Erbe nicht nur zu offenbaren hat, was er weiß, sondern auch, was er ermitteln könnte (Kontoauszüge; Grundbuchauszüge anfordern). Dabei hat der Erbe zwar nicht die Pflicht, die Vergangenheit kompett zu durchforsten, um mögliche, schon Jahre zurückliegende Schenkungen zu ermitteln. Er hat aber immer dann eine Pflicht zur eigenen Recherche, wenn es für ihn Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Erblasser eine Schenkung gemacht hat. Dieser Anhaltspunkt kann sich aus Umständen ergeben, die dem Erben schon vorliegen, die ihm vom Pflichtteilsberechtigten mitgeteilt werden oder die sich aus Rückfragen des Notars ergeben. Denn der Notar hat im Rahmen seines Amtes die Pflicht, die Angaben des Erben auf Plausibiliät zu prüfen und Ansätzen für Widersprüche nachzugehen. Er hat je nach den Umständen auch die Pflicht, eigene Erkundigungen über Punkte einzuholen, deren Lückenhaftigkeit ihm ersichtlich ist.
Ist die notarielle (oder auch die private) Auskunft nach diesen Kriterien unvollständig, kann der Pflichtteilsberechtigte nicht nur verlangen, dass der Erbe die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskunft an Eides statt versichert, sondern auch, dass gegen den Erben ein  Zwangsgeld festgesetzt wird, die rechtlich betrachtet noch nicht erteilte Auskunft nun doch zu erteilen.

OLG Koblenz, Beschluss vom 30.04.2018, Aktenzeichen 1 W 65/18

24.04.2018: Oberlandesgericht München: Keine Verjährung von Mängelansprüchen am Gemeinschaftseigentum im Falle ungültiger Vertragsklausel über die Abnahme

In zahlreichen Bauträger-Verträgen findet sich die Klausel, wonach der Bauträger den ersten Verwalter bestimmt und dieser, gegebenenfalls zusammen mit einem Sachverständigen, das Gemeinschaftseigentum abzunehmen hat. Eine solche Art der Abnahme garantiert keine Neutralität, da es der Vertrag dem Bauträger erlaubt, auch einen mit ihm verbundenen Verwalter zu bestellen. Solche Vertragsklauseln sind daher unwirksam (vgl. BGH, Beschluss vom 12.9.2013, Az. VII ZR 308/12). Weil die Verjährung aber nach dem Gesetz erst mit der Abnahme zu laufen beginnt, beginnt in einem Falle, in dem die Abnahme aufgrund unwirksamer Klausel durchgeführt wurde, gar keine Verjährung zu laufen.
Ein Verjährungsbeginn könne auch nicht daraus hergeleitet werden, dass die WEG früher schon einmal Vorschuss für eine Mangelbeseitigung eingeklagt habe. Denn ein sogenanntes Abrechnungsverhältnis entstehe in solchen Fällen nur, wenn der Käufer dem Bauträger im Zusammenhang mit seiner Klageforderung klar mache, nie wieder mit ihm zusammenarbeiten zu wollen.
So kann ein Käufer oder eine WEG auch nach 13 Jahren noch Mängelansprüche geltend machen, ohne dass sich der Verkäufer bzw. der Bauträger auf Verjährung berufen kann.
Allerdings müsse sich ein Anspruchsteller in solch einem Fall einen “Abzug neu für alt” gefallen lassen, wenn er einerseits komplette Neuherstellung verlange, es andererseits aber grundlos 13 Jahre lang verabsäumt habe, seine Ansprüche geltend zu machen.

OLG München, Urteil vom 24.04.2018, Aktenzeichen 28 U 3042/17

https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2018-N-11100?hl=true&AspxAutoDetectCookieSupport=1

16.04.2018: Oberlandesgericht Köln: Kosten für Privatgutachten in Pflichtteilsprozessen

Kosten für Gutachten zur Wertermittlung bei Nachlassgegenständen trägt in der Regel der Nachlass: nämlich wenn der Erbe auf Anforderung des Pflichtteilsberechtigten das Gutachten eingeholt hat.
Holt der Erbe ein Gutachten ein, um sich gegen die Klage auf Zahlung des Pflichtteils zu verteidigen, können die Aufwendungen für das Gutachten als notwendige Prozesskosten erstattungsfähig sein. Ebenso, wenn der Pflichtteilsberechtigte selbst ein Gutachten einholt, um im Prozess seiner Darlegungspflicht Genüge zu tun. Privatgutachten im laufenden Prozess werden allerdings eher mit Vorsicht als erforderlich und damit als erstattungsfähig angesehen.

OLG Köln, Beschluss vom 16.04.2018, Aktenzeichen 17 W 39/18

10.04.2018: Oberlandesgericht Karlsruhe: Keine Abnahme durch einen vom Verwalter bestimmten Sachverständigen

Klauseln in einem Kaufvertrag über eine neue Wohnung, wonach das Gemeinschaftseigentum von einem Sachverständigen abzunehmen ist, den der Verwalter beauftragt, sind ungültig, wenn zugleich – wie meist – der Bauträger den Verwalter bestimmt. Solche Vertragsregeln sind ebenso wenig neutral und damit angemessen wie solche, in denen der vom Bauträger bestellte Verwalter selbst das Gemeinschaftseigentum abnimmt.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 10.04.2018, Aktenzeichen 8 U 19/14

23.03.2018: Bundesgerichtshof: Vereinbarungswidrige Nutzung von Bürogebäuden zu Wohnzwecken.

Dienen Anlagen in Teileigentum laut der Teilungserklärung ausschließlich gewerblichen oder freiberuflichen Zwecken, so kann eine Wohnnutzung ohne weiteres untersagt werden. Denn dass eine solche Wohnnutzung typischerweise störender ist als eine berufliche Nutzung, ergibt sich schon daraus, dass sie auch nachts und am Wochenende erfolgt. Ob die Nutzung tatsächlich stört, insbesondere ob sie tatsächlich auch nachts oder am Wochenende erfolgt, hat das Gericht nicht zu prüfen. Es geht allein um die typischen Folgen einer Wohnnutzung.
Ist der Wohnnutzer der Meinung, er hätte einen Anspruch auf Änderung der Teilungserklärung dahingehend, dass auch Wohnnutzung zugelassen sein müsste, so muss er seinen vermeintlichen Anspruch erst rechtskräftig vor dem Gericht feststellen lassen. Es genügt nicht, dass er, auf Unterlassung in Anspruch genommen, nun behauptet, er habe einen Anspruch auf Änderung.

BGH, Urteil vom 23.03.2018, Aktenzeichen V ZR 307/16

21.03.2018: Bundesgerichtshof: Sperrfrist für Eigenbedarfskündigung auch beim “Münchner Modell”

Werden Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt und verkauft, muss der Erwerber schon lange eine dreijährige Sperrfrist einhalten, bevor er wegen Eigenbedarfs kündigen kann. Dies umging man zuletzt gern im sog. “Münchner Modell”.. Dazu hat in der Regel eine Gesellschaft das Haus gekauft und anschließend die Wohnungen wegen Eigenbedarf ihrer eigenen Gesellschafter gekündigt. Erst anschließend hat man dann die frei gewordenen Wohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt. Dem hat der Gesetzgeber 2013 einen Riegel vorgeschoben, wonach nun auch gänzlich unabhängig von einer möglicherweise geplanten Umwandlung Gesellschaften oder sonstige Personenmehrheiten (von Familien einmal abgesehen) eine Sperrfrist einhalten müssen, wenn sie Wohnungen oder Häuser wegen Eigenbedarfs eines ihrer Mitglieder kündigen wollen: § 577a Abs.1 a BGB. Die Existenz der Norm hat sich anscheinend noch nicht weit herumgesprochen. So musste der BGH jetzt einer Frankfurter Immobiliengesellschaft den an sich unmissverständlichen Gesetzestext nahebringen.

BGH, Urteil vom 21.03.2018, Aktenzeichen VIII ZR 104/17

19.03.2018: Oberlandesgericht Rostock: Mehrheitsbeschluss als Grundlage für Forderung einer Nutzungsentschädigung unter Miterben

Miterben, die eine Immobilie geerbt haben, können über deren Benutzung per Mehrheitsbeschluss entscheiden. Dazu bedarf es keiner Versammlung und nicht einmal der Information aller Miterben, wenn nur die Erben, die die Mehrheit haben, einen entsprechenden Willen bekunden. Fordern die Mehrheits-Erben einen in der Immobilie wohnenden Minderheits-Erben auf, Nutzungsentschädigung zu zahlen, so reiche das allein nicht als Willensbekundung aus, wohl aber, wenn sie erklären, der Minderheits-Erbe dürfe dort nicht länger kostenlos wohnen. Der Unterschied zwischen letzterer Erklärung und einer reinen Zahlungsaufforderung ist freilich haarscharf.

OLG Rostock, Beschluss vom 19.03.2018, Aktenzeichen 3 U 67/17

14.03.2018: Bundesgerichtshof: Zins und Tilgung auf einen Immobilienkredit als Basis für Pflichtteilsergänzungsansprüche

Hatte der später Verstorbene eine Immobilie verschenkt und dadurch einem seiner potentiellen Erben den Pflichtteil entwertet, so kann der Pflichtteilsberechtigte Ergänzung des Pflichtteils um den Wert verlangen, der sich aus dem Wert der verschenkten Immobilie ergeben hätte, würde sie noch zum Nachlass gehören. Nun sind aber viele Immobilien im Todesfall noch nicht komplett abgezahlt. Es ergeben sich daher Berechnungsprobleme, wenn der später Verstorbene nicht nur eine Immobilie geschenkt hat, sondern auch danach noch Zins- und Tilgungsleistungen zugunsten des Beschenkten erbracht hat. Diese sind bei der Pflichtteilsberechnung ebenfalls einzubeziehen, obwohl die Zinszahlung das Vermögen des Beschenkten nicht unmittelbar vermehrt (sondern scheinbar das der Bank; aber die Verbindlichkeiten des Beschenkten schrumpfen eben).
Es wäre allerdings ein Rechenfehler, die Tilgungsleistungen mit ihrem Nennwert zu berücksichtigen, wenn die Immobilie bereits mit ihrem Wert zum Todeszeitpunkt berücksichigt wurde. Denn in ihm sind die Tilgungsleistungen zwischen Schenkung und Tod ja bereits enthalten. Die Tilgungsleistungen sind vielmehr dann als eigenständiger Rechnungsposten zu berücksichtigen, wenn die Immobilie mit ihrem Wert zum Zeitpunkt der Schenkung berücksichtigt wird. Die anschließend an die Schenkung noch erbrachten Tilgungen sind also gesondert pflichtteilsergänzungspflichtig.
Ein weiterer Fehler wäre es, die Pflichtteilsergänzung zu berechnen, ohne festzustellen, ob Schenker und Beschenkter der Bank die Zinsen gemeinsam schuldeten (als “Gesamtschuldner”), und ob sie bei einer Ratenzahlung vom Konto des Schenkers davon ausgingen, dass der Beschenkte seiner an sich bei einer Gesamtschuld bestehenden Pflicht, sich zur Hälfte an den Belastungen zu beteiligen, nicht nachkommen müsse (sondern die Hälfte sozusagen geschenkt bekomme). Bei einer intakten Ehe könne in der Regel auch ohne Absprachen davon ausgegangen werden, dass der allein zahlende Partner keine Erstattung vom anderen verlange.
Der BGH betont bei dieser Gelegenheit dagegen erneut, dass eine ehebedingte Zuwendung keineswegs als “Schenkung” bezeichnet gewesen sein muss, um pflichtteilsrechtlich relevant zu sein. Es bedürfe nicht einmal der Einigkeit von Schenker und Beschenktem, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt.
Andererseits betont der BGH – erstmals in dieser Deutlichkeit – dass der beschenkte Ehegatte auch darlegen könne, die erhaltene Begünstigung stelle in Wahrheit, obwohl kein Entgelt gezahlt wurde, keine Schenkung dar, sondern bloß eine angemessene Gegenleistung. So hält es der BGH etwa für möglich, dass diese Zinszahlungen unterhaltsrechtlich geschuldet gewesen sein könnten oder erbracht worden seien zur Entgeltung einer Gegenleistung. Hier warten noch einige unerfreuliche Diskussionen.

BGH, Urteil vom 14.03.2018, Aktenzeichen IV ZR 170/16

22.02.2018: Bundesgerichtshof: Anwaltshonorar für Testamentsentwürfe nur noch nach Vereinbarung

Anwälte dürfen für die Erstellung von Testamenten keine Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) berechnen. Jedenfalls hat dies der BGH nun für die Zukunft festgestellt – und zwar auch für den seltenen Fall, dass der Anwalt für zwei in nichtehelicher Lebensgemeinschaft Verbundene zwei aufeinander abgestimmte Testamente entwirft. Die Geschäftsgebühr – nach Wert des Nachlasses bemessen – gilt nur für Tätigkeiten des Anwalts nach außen oder für Vertragsentwürfe. Für Testamentsentwürfe ist der Anwalt somit gehalten, mit dem Auftraggeber eine Honorarvereinbarung abzuschließen – anderenfalls kann er maximal € 250,- abrechnen.
Eine Ausnahme hiervon gilt nur noch für gemeinschaftliche Testamente von Eheleuten. Diese werden nach überwiegender Auffassung noch wie Verträge behandelt, wenn sie wechselseitige Verfügungen enthalten.

BGH, Urteil vom 22.02.2018, Aktenzeichen IX ZR 115/17

22.02.2018: Bundesgerichtshof: Keine fiktive Schadensberechnung, wenn der Käufer die mangelhafte Wohnung unrepariert behält.

Wer eine Wohnung kauft, die mängelbehaftet ist, kann – wenn er nicht vom Vertrag zurücktreten will – die Wohnung auf Kosten des Bauträgers herrichten lassen. Er kann auch Wertminderung geltend machen. Er kann aber ab sofort nicht mehr die Wohnung unrepariert behalten (oder, was in der Praxis eher die Regel sein dürfte: selbst oder schwarz reparieren) und vom Bauträger die Kosten als Schadensersatz verlangen, die nach Gutachten oder Angebot für eine Reparatur notwendig wären (fiktive Schadensberechnung).
Dies gilt für alle Kaufverträge, die seit dem 1.1.2002 geschlossen wurden. Für ältere Verträge bleibt es bei der früheren Rechtsprechung, wonach der Schaden – so wie es im Kfz-Schadensrecht noch immer üblich ist -auch fiktiv berechnet werden kann.

BGH, Urteil vom 22.02.2018, Aktenzeichen 7 ZR 46/17

09.02.2018: Bundesgerichtshof: Erben haften für Brandschaden am Nachbarhaus

Haben Erben Reparaturarbeiten am geerbten Haus in Auftrag gegeben, und verursacht einer der Handwerker einen Brand am Haus, der auf das Nachbarhaus übergreift, so haften die Erben für den Schaden am Nachbarhaus auch ohne eigenes Verschulden. Sie haften zwar nicht auf Schadensersatz, wohl aber auf Ausgleich der “Belastung”, die von dem Feuer ausgeht, welches der Nachbar notgedrungen dulden muss, entsprechend § 906 BGB – nicht anders als bei einer Lärm- oder Geruchsbelastung, die so ist, dass der Nachbar sie ebenfalls dulden müsste.

BGH, Urteil vom 09.02.2018, Aktenzeichen V ZR 311/16

31.01.2018: Bundesgerichtshof: Fortsetzung des Mietvertrags mit Fremden nach dem Tod der Mieterin.

Stirbt eine Mieterin, so hat ihr Lebensgefährte das Recht, ihren Mietvertrag zu übernehmen. War er schon Mit-Mieter, ist dies selbstverständlich; war er noch nicht Mieter, sondern hat er nur in der Wohnung gelebt, ergibt sich sein Eintrittsrecht aus § 563 BGB. Der Vermieter kann den neu eingetretenen Lebensgefährten nur ablehnen, wenn in dessen Person ein triftiger Grund vorliegt. Nun hat der BGH zum einen entschieden, dass ein solcher triftiger Grund auch darin liegen kann, dass der Lebensgefährte mittellos ist. Allein der Verdacht, er werde die Miete nicht zahlen können, reiche dagegen nicht aus. Interessanter ist, dass der BGH ferner entschieden hat, der Lebensgefährte habe ein Anrecht darauf, einen Untermieter in die Wohnung zu holen. Dabei sei es legitim, wenn der Untermieter lediglich aus Zwecken der gemeinsam aufzubringenden Miete einzieht, aber auch, wenn der Untermieter nur deshalb einzieht, damit der Lebensgefährte der verstorbenen Mieterin nun nicht mehr allein wohnen muss. Auch hier hat der Vermieter natürlich ein Widerspruchsrecht, wenn in der Person des Untermieters ein wichtiger Grund vorliegt. Fehlt es aber an dem wichtigen Grund, so kann es dem Vermieter durch den Tod seiner Mieterin geschehen, dass er unversehens deren allein nicht zahlungsfähigen Lebensgefährten als Mieter und dessen Arbeitskollegen als Untermieter hat.

BGH, Urteil vom 31.01.2018, Aktenzeichen VIII ZR 105/17

21.12.2017: Verwaltungsgerichtshof Mannheim: Besitz des Testamentsvollstreckers

Öffentlich-rechtliche Haftung knüpft häufig an den Besitz einer Sache an, etwa im Falle von Altlasten oder illegaler Müllentsorgung. Es ist also nicht nur der Täter haftbar – der häufig nicht mehr auffindbar ist – sondern auch der Besitzer eines Grundstücks. Wer Besitzer ist, ist in der Folge eines Erbfalls häufig nicht leicht zu beantworten. Besitz wird üblicherweise verstanden als tatsächliche Herrschaft über eine Sache. Die Haftung des Besitzers setzt also nicht voraus, dass der Besitz zurecht besteht; es genügt die tatsächliche Sachherrschaft. Im Erbfall macht das Gesetz eine Ausnahme: Der Besitz des Verstorbenen geht im Moment des Erbfalls automatisch auf den Erben über. Der Erbe ist also Besitzer, auch wenn er den Nachlass noch nicht in Besitz genommen hat. Ist Testamentsvollstreckung angeordnet, so hat der Testamentsvollstrecker das Recht und die Pflicht, die Nachlassgegenstände in Besitz zu nehmen. Der Besitz geht also nicht automatisch auf den Testamentsvollstrecker über. Der Erbe wird also unmittelbar mit dem Todesfall Besitzer; der Testamentsvollstrecker erst, wenn er den Nachlassgegenstand tatsächlich in Obhut genommen hat. Hat vorher aber der Erbe das Grundstück schon in Obhut genommen (Schlüssel), so erlangt der Testamentsvollstrecker Besitz erst dann, wenn ihm der Erbe freiwillig oder nach verlorenem Prozess die Schlüssel aushändigt. Bis dahin haftet der Erbe allein für die Altlasten.

VGH Mannheim, Beschluss vom 21.12.2017, Aktenzeichen 10 S 1972/17

12.12.2017: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen: Keine Haftungsbescheide gegen Erben.

Die Agentur für Arbeit ist nicht befugt, gegen den Erben eines verstorbenen Leistungsempfängers “Haftungsbescheide” zu erlassen – also festzustellen, dass diese Person Erbe eines früheren Leistungsempfängers sei, und dass sie als solche der Bundesagentur für Arbeit eine bestimmte Summe Geld schuldet. Hierfür existiert keine Rechtsgrundlage.

LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 12.12.2017, Aktenzeichen L 7/12 AL 27/16

06.12.2017: Landgericht München I: Mietpreisbremse (nur) in Bayern unwirksam

Das Landgericht hält die bayerische Form der Umsetzung der Mietpreisbremse für formfehlerhaft.
Bedenken gegen die inhaltliche Richtigkeit der bundeseinheitlichen Regelung hat das Gericht dagegen ausdrücklich nicht.
Bundeseinheitlich fehlt es weiter an Rechtssicherheit über die Gültigkeit der Mietpreisbremse.

LG München I, Urteil vom 06.12.2017; Aktenzeichen 14 S 10058/17

01.12.2017: Landgericht Berlin: Abnahme des Sondereigentums nach Nichtabnahme des Gemeinschaftseigentums

Im vorliegenden Fall begehrte die Käuferin einer neu errichteten Eigentumswohnung vom Bauträger Übergabe der Wohnung, nachdem sie das Sondereigentum abgenommen hatte. Der Kaufvertrag sah vor, dass der Bauträger ihr die Wohnung nach Abnahme des Sondereigentums zu übergeben hätte. Daran war hier nicht zu rütteln. Weder deshalb, weil das Gemeinschaftseigentum zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgenommen war, noch deshalb, weil die Käuferin einen Teil des Kaufpreises (die letzte Rate und ihren Sicherheitseinbehalt) wegen diverser Mängel am Gemeinschaftseigentum noch nicht bezahlt hatte. Der Bauträger muss sich an dem von ihm selbst entworfenen Vertrag festhalten lassen.

LG Berlin, Urteil vom 01.12.2017, Aktenzeichen 23 O 57/17

22.11.2017: Bundesgerichtshof: Mieterhöhung bei Indexmiete

Erhöht der Vermieter die Miete im Rahmen einer Indexmiete, muss er dabei die prozentuale Erhöhung nicht angeben. Es genügt die Angabe der Indexwerte zu Beginn und bei der Erhöhung, sowie die erhöhte Miete. Ob die prozentuale Steigerung in beiden Fällen gleich ist, kann der Mieter sehr einfach selbst ausrechnen.
Gibt der Vermieter zum Beispiel an, der Indexwert habe bei Mietbeginn bei 94,2 Punkten gelegen, und aktuell liege er bei 106,1 Punkten, so beträgt der Quotient (106,1 : 94,2) 1,126 oder 12,6%.

BGH, Urteil vom 22.11.2017; Aktenzeichen VIII ZR 291/16

27.09.2017: Bundesgerichtshof: Verwertungskündigung für benachbartes Modehaus

Im nahen St. Blasien hatte ein Eigentümer Wohnraum gekündigt, weil  das benachbarte Modegeschäft unbedingt eine Erweiterung brauchte. In einem solchen Fall kommt tatsächlich eine sogenannte Verwertungskündigung in Betracht. Die muss allerdings sehr gut begründet werden. Die wirtschaftlichen Einbußen des Vermieters müssen schon aus der Kündigung ersichtlich sein – erst recht dann, wenn – wie hier – das leidende Modegeschäft nicht dem Vermieter gehört, sondern lediglich einer mit ihm eng verbundenen Person.

BGH, Urteil vom 27.09.2017, Aktenzeichen VIII ZR 243/16

27.09.2017: Bundesgerichtshof: Fristlose Kündigung trotz weitgehender Rückführung des Zahlungsrückstands

Das Gesetz bestimmt in § 543 Abs.2 Nummer 3a – zusammen mit § 569 Absatz 3, dass der Mieter fristlos gekündigt werden kann, wenn er mit einer Monatsmiete plus einer beliebigen Kleinigkeit aus dem Vormonat in Verzug ist. Für den Verzug mit einer Monatsmiete genügt es, wenn der Mieter die Zahlungsfrist des § 556 b BGB nicht einhält: nämlich spätestens am 3. Werktag des Monats zu zahlen.  Der BGH betont im vorliegenden Urteil noch einmal – weil auch das Berufungsgericht dies nicht im Blick hatte – dass sich an diesem Kündigungsrecht auch dadurch nichts ändert, dass der Mieter noch vor Erhalt der Kündigung die fehlende Monatsmiete nachbezahlt. Das Kündigungsrecht entfällt nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nur, wenn der Vermieter vor Zustellung der Kündigung “befriedigt” wird, also in voller Höhe des jeweils bestehenden Rückstands. Hatte also der Mieter aus dem Vormonat beispielsweise 100 Euro Rückstand, und zahlt er seine aktuelle Miete nicht am 3. Werktag, sondern am 5. Werktag, so kann der Vermieter ihm auch am 10. Werktag noch fristlos kündigen, weil der Mieter nicht den vollen Rückstand ausgeglichen hat – de facto wegen noch fehlender 100 Euro. Wer also als Mieter auch nur 1 Cent zu wenig Miete bezahlt hat, muss im folgenden Monat unbedingt pünktlich seine Miete zahlen, will er keine fristlose Kündigung kassieren.

Ebenso acht geben muss der Vermieter, wenn der Mieter Mängel der Wohnung geltend macht: Das oben zitierte Gesetz geht nämlich, wie der BGH ebenfalls erneut feststellt, von der vollen vereinbarten Miete aus. Ist die Miete aber wegen Mängeln gemindert – oder macht der Mieter zusätzlich noch ein Zurückbehaltungsrecht geltend – ist die Kündigung nur möglich, wenn der Rückstand den Betrag einer regulären – ungeminderten – Monatsmiete plus x übersteigt. Das ist aber häufig gerade nicht der Fall, wenn der Mieter einen Rückstand von x hat und dazu seine Miete im Folgemonat verspätet zahlt.

BGH, Urteil vom 27.09.2017, Aktenzeichen VIII ZR 193/16.

21.09.2017: Oberlandesgericht Düsseldorf: Anfechtung einer Ausschlagung wegen Irrtums über die Person, der die Ausschlagung zugute kommt

Das Gesetz erklärt nur, eine Erbausschlagung sei anfechtbar, wenn der Erklärende über den Inhalt der Erklärung im Irrtum war. Hat er also nicht gewusst, dass er mit der Ausschlagungserklärung sein Erbrecht verliert, oder hat er nicht gewusst, wer von seinen Abkömmlingen dadurch ebenfalls sein Erbrecht verliert, kann er zweifellos sein Erklärung anfechten. Denn diese Rechtsfolge (ich erbe oder ich erbe nicht) ist zentraler Inhalt der Erklärung. Wie aber, wenn der Erklärende schon wusste, dass er selbst sein Erbrecht verliert, sich aber darüber irrte, welche Person von seiner Erklärung profitieren würde? Das OLG Düsseldorf ist nun der Auffassung, wesentlich bei der Ausschlagung sei nicht allein, dass man selbst nicht mehr erben wolle, sondern ebenso, wen man damit begünstigen wolle. Wer also ausgeschlagen hat in Unkenntnis einer Person, die nun – unbeabsichtigt – Erbe wird, kann seine Ausschlagungserklärung wirksam wieder anfechten.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.09.2017, Aktenzeichen I-3 Wx 173/17 – nicht rechtskräftig

19.09.2017: Landgericht Berlin: Mietpreisbremse ist verfassungswidrig

Das Landgericht Berlin meint, die Mietpreisbremse sei verfassungswidrig, weil sie verschiedene Vermieter ungleich belaste. Je höher die Miete schon sei, desto besser die Lage des Vermieters angesichts der Bremse. Wer dagegen seinen Mieter jahrelang vor Mieterhöhungen verschont habe, stehe jetzt ungleich schlechter da.
Dem Bundesverfassungsgericht hat das Landgericht die Angelegenheit nicht vorgelegt. Solange dieses freilich nicht entschieden hat – oder zahlreiche andere Gerichte in Deutschland – bleibt die Entscheidung für die Region Lörrach folgenlos.

LG Berlin, Urteil vom 19.09.2017, Aktenzeichen 67 O 149/17

12.09.2017: Oberlandesgericht Hamm: Wechselbezügliche Verfügungen, die 40 Jahre auseinander liegen

Treffen zwei Eheleute in einem gemeinschaftlichen Testament Verfügungen, von denen anzunehmen ist, dass die eine nicht ohne die andere getroffen worden wäre, so spricht man von wechselbezüglichen Verfügungen. Solche Verfügungen kann der überlebende Ehegatte nach dem Tod des anderen in der Regel nicht mehr ändern.
Es ist aber für die Wechselbezüglichkeit zweier Verfügungen nicht entscheidend, dass sie in derselben Urkunde getroffen wurden. Auch eine Verfügung, die der andere 40 Jahre später in einer anderen Urkunde (in einem neuen gemeinschaftlichen Testament) getroffen hat, können im Wechselbezug zu einer früheren Verfügung stehen. Das ist vor allem dann anzunehmen, wenn in der neueren Verfügung auf die alte Bezug genommen wurde oder beide zusammen verwahrt werden.

OLG Hamm, Urteil vom 12.09.2017, Aktenzeichen 10 U 75/16

12.09.2017: Oberlandesgericht Hamm: Bindungswirkung zweier Verfügungen, die 39 Jahre auseinander liegen

Gemeinschaftliche Testamente von Ehegatten entfalten in der Regel mit dem Tode des ersten der beiden für den länger Lebenden eine Bindungswirkung. Letzerer kann solche Verfügungen nicht mehr abändern, die im Verhältnis der Wechselbezüglichkeit zu einer Verfügung stehen, die sein verstorbener Ehegatte getroffen hatte. Typischerweise kann er die Erbeinsetzung des gemeinschaftlichen Kindes nicht mehr ändern, wenn er selbst vom Verstorbenen zum Alleinerben eingesetzt worden war.
Das OLG Hamm hat klargestellt, dass diese beiden Verfügungen – die Erbeinsetzung des länger lebenden Ehegatten einerseits und die Einsetzung des Kindes als Erben des länger lebenden Ehegatten – keineswegs in einer Urkunde enthalten sein müssen. Es kann auch in einem gemeinschaftlichen Testament zunächst nur der Ehegatte zum Alleinerben eingesetzt werden und sodann – auch 39 Jahre später – in einem weiteren gemeinschaftlichen Testament das Kind zum Schlusserben gemacht werden. Entscheidend ist nicht der Zeitablauf, sondern der Wille der Eheleute, beide Verfügungen inhaltlich so miteinander zu verbinden, dass die eine mit der anderen stehen oder fallen soll. Dieser Wille muss zudem in den Urkunden zumindest andeutungsweise hervorgetreten sein
Hat später der länger lebende Ehegatte entgegen dieser Bindungswirkung sein Vermögen, auch das ererbte, an eine neue Partnerin verschenkt, so steht dem geprellten Kind gegen die neue Partnerin ein Herausgabeanspruch zu. Dazu hat das OLG entschieden, dass das Kind nicht nur Herausgabe der Substanz verlangen kann, sondern auch die Erträge des Verschenkten, also Zinsen, Dividenden und Wertsteigerungen, und dass nicht nur die Erträge herauszugeben sind, die seit dem Tod des Vaters angefallen sind, sondern alle Erträge seit der Vornahme der Schenkung. Letzteres bleibt umstritten.

OLG Hamm, Urteil vom 12.09.2017, Aktenzeichen 10 U 75/16

30.08.2017: Oberlandesgericht Bremen: Änderung eines gemeinschaftlichen Testaments nur mit Zustimmung eines Dritten

Haben Eheleute in einem gemeinschaftlichen Testament Verfügungen darüber getroffen, an wen das Erbe nach dem Tod beider Ehegatten fallen soll, kann der länger lebende Ehegatte diese Verfügungen nach dem Tod seines Ehepartners in der Regel nicht mehr ändern. Haben die Eheleute in dem gemeinschaftlichen Testament aber einen Änderungsvorbehalt eingebaut, also dem überlebenden Ehegatten die Änderung ausdrücklich erlaubt, ist diesem die Abänderung möglich. Dieser Abänderungsvorbehalt kann eng oder weit formuliert sein. Er kann die Änderung vom Vorliegen bestimmter Voraussetzungen abhängig machen. Bisher nicht entschieden ist die Frage, ob die Eheleute diese Abänderung auch davon abhängig machen können, dass eine dritte Person, vor allem ein namentlich genannter Testamentsvollstrecker, dieser Änderung zustimmt. Das OLG Bremen meint jetzt: ja: die Eheleute können sich derart binden, dass sie eine Änderung nur mit Zustimmung des Testamentsvollstreckers vornehmen dürfen.

OLG Bremen, Beschluss vom 30.08.2017, Aktenzeichen 5 W 27/16

11.08.2017: Landgericht München II: Keine Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch Bauträger-Spezi

In einigen Verträgen über den Erwerb einer noch zu errichtenden Wohnung findet sich die Klausel, wonach zwar der Erwerber selbst seine Wohnung abzunehmen hat, das Gemeinschaftseigentum aber von einer Person abzunehmen ist, die vom Bauträger ernannt wird. Der typische Fall ist dabei, dass dies der erste Verwalter des Wohnungseigentums ist, welcher zu einer Zeit installiert wird, in der der Bauträger noch alleiniger Eigentümer oder wenigstens überwiegender Inhaber der Miteigentumsanteile ist. Das LG München II hat hiermit klargestellt, dass solche Regeln nicht wirksam sind. Der Bauträger kann nicht den von ihm selbst zu wählenden Erstverwalter mit der Abnahme beauftragen.

LG München II, Urteil vom 11.08.2017, Aktenzeichen 5 O 4360/16

26.07.2017: Bundesgerichtshof: Kontrollbetreuung für Vorsorgebevollmächtigte

Verbreitet erteilen Menschen heute Vorsorgevollmachten, um für den Fall, dass sie ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können, die Einrichtung einer gerichtlichen Betreuung zu vermeiden. Das schließt es aber keineswegs aus, dass ein Gericht einem derart Bevollmächtigten einen Kontrollbetreuer an die Seite stellt. Dazu bedarf es von Seiten derjenigen, die die Kontrollbetreuung beantragen, keines Nachweises, dass der oder die Bevollmächtigten die Vollmacht missbraucht. Es genügen vielmehr tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Vollmacht allein nicht ausreicht, um den Interessen des zu Betreuenden gerecht zu werden. Dies kann einmal dann der Fall sein, wenn der Bevollmächtigte überfordert ist, aber auch dann, wenn zwischen ihm und dem zu Betreuenden ein Interessenkonflikt besteht. Im vom BGH entschiedenen Fall besaß die zu betreuende Person ein Wohnrecht am Haus der Bevollmächtigten, welches in dem Moment erlöschen sollte, da die zu betreuende Person in ein Heim übersiedeln müsste. Da lag die Gefahr auf der Hand, dass die Bevollmächtigte nicht ganz neutral handeln konnte, wenn es um die Übersiedlung in ein Heim ging.

BGH, Beschluss vom 26.07.2017, Aktenzeichen XII ZB 143/17

24.07.2017: Oberlandesgericht München: Anfechtung des gemeinschaftlichen Testaments durch den überlebenden Ehegatten als Eigentor

Die Möglichkeit, Testamente anzufechten, reicht viel weiter als bei anderen rechtsgeschäftlichen Erklärungen. Auch der überlebende Ehegatte kann ein gemeinschaftliches Testament aus vielerlei Gründen anfechten. Genauer gesagt: er kann die eigenen Erklärungen in einem solchen Testament anfechten, namentlich darüber, wer ihn einmal beerben wird. “Beliebt” sind solche Anfechtungen zum einen dann, wenn der als Erbe vorgesehene Abkömmling einen Pflichtteil verlangt hatte – oder sonst Schwierigkeiten gemacht hatte – zum anderen dann, wenn der eingesetzte Erbe nur Abkömmling des verstorbenen Ehegatten gewesen war, aber eben kein Abkömmling des überlebenden Ehegatten (Kind aus erster Ehe). Dabei wird gelegentlich, wie auch im hiesigen Fall, übersehen, dass die Erbeinsetzung dieses Kindes in innerem Zusammenhang mit der Einsetzung des überlebenden Ehegatten selbst steht: Der überlebende Ehegatte war ja typischerweise Alleinerbe des zuerst verstorbenen Ehegatten geworden. Diese Alleinerbenstellung setzt der anfechtende Ehegatte aufs Spiel. Denn Eheleute, die ein gemeinschaftliches Testament aufsetzen, geben einander die Alleinerbenstellung in der Regel nur im Hinblick darauf, dass schlussendlich die bezeichneten Kinder erben werden. Greift nun der überlebende Ehegatte die Erbeinsetzung eines Kindes an, entfällt auch die Alleinerbenstellung des überlebenden Ehegatten rückwirkend – falls es nicht ausnahmsweise an der Wechselbezüglichkeit fehlt. Im vorliegenden Fall hatte der überlebende Ehegatte die Anfechtung sogar sehenden Auges erklärt, um seinem neuen Ehegatten eine Erbmöglichkeit zu eröffnen. Nur hatte er später die Anfechtung selbst wiederum angefochten, aber diese Anfechtung der Anfechtung blieb wirkungslos, da es insoweit an einem Irrtum des Betreffenden fehlte.

OLG München, Beschluss vom 24.07.2017, Aktenzeichen 31 Wx 335/16

20.07.2017: Landgericht Berlin: Keine Verwertung der Kaution für strittige Ansprüche!

Nach Ablauf des Mietverhältnisses darf der Vermieter die Kaution verwenden – jedenfalls für solche Ansprüche, die er rechtskräftig hat feststellen lassen oder solche, die unstrittig sind. Für Ansprüche, die zwischen ihm und dem Mieter strittig sind, dürfe er die Kaution nicht verwenden, meint nun das Landgericht Berlin. Das für Südbaden zuständige OLG Karlsruhe ist weiterhin anderer Auffassung. Wer aber eine Wohnung in Berlin besitzt, mag in Zukunft vorsichtig sein: Das Landgericht Berlin hat dem Vermieter sogar per Einstweiliger Verfügung die Inanspruchnahme der Kaution untersagt. Dem Urteil lag allerdings ein Fall zugrunde, in dem es schon im Mietvertrag hieß, der Vermieter könne sich “nach Beendigung des Mietverhältnisses” wegen “aller anerkannte(n) oder rechtskräftige(n) Forderungen … aus der Sicherheit befriedigen”. Das legt freilich nahe, dass er es dann schon nach dem Wortlaut des Mietvertrags bei strittigen Ansprüchen nicht soll tun dürfen. Die Bedeutung des Urteils ist also womöglich bei weitem nicht so groß wie auf den ersten Blick zu vermuten ist.

LG Berlin, Urteil vom 20.07.2017, Aktenzeichen 67 S 111/17

12.07.2017: Bundesgerichtshof: Unerwarteter Vermögenszuwachs nach Testamentserrichtung

Das deutsche Erbrecht unterscheidet zwischen der Einsetzung eines Erben und der Aussetzung eines Vermächtnisses. Der Erbe verfügt unmittelbar über den Nachlass; der Vermächtnisnehmer erhält nur Anspruch gegen den Nachlass auf Aushändigung bestimmter Gegenstände. Ist in einem Testament daher ein Erbe ausdrücklich benannt, so stellt es in der Regel kein schwerwiegendes Problem dar, wenn der später Verstorbene nach Errichtung seines Testaments – meist unerwartet – noch erhebliches Vermögen hinzu gewonnen hat. Dieses zusätzliche Vermögen soll dann typischerweise ebenfalls dem Erben zufallen. Ist in dem Testament aber kein Erbe ausdrücklich benannt, sind vielmehr nur die zur Zeit der Testamentserrichtung vorhandenen Gegenstände verteilt worden, stellt die unvorhergesehene Vermögensmehrung ein erhebliches Auslegungsproblem dar. In diesem Fall müssen laut dem BGH drei Fragen gestellt werden:
1) soll die Zuwendung eines bestimmten (besonders wertvollen) Gegenstandes statt als Vermächtnis ausnahmsweise als Erbeinsetzung ausgelegt werden?
2) hätte die später verstorbene Person an dieser Erbeinsetzung etwas geändert, wenn sie daran gedacht hätte, dass ihr nach Errichtung des Testaments noch weitere Objekte zufallen?
3) welcher Person hätte sie die zusätzlichen Gegenstände zugewendet, wenn sie an die Möglichkeit gedacht hätte, dass sich ihr Vermögen noch vermehrt?
Ob durch diese Rubrizierung tatsächlich Rechtssicherheit gewonnen wurde, scheint fraglich. Die Abgrenzung der Fragen von einander scheint fast ebenso schwierig zu sein wie die Beantwortung der Fragen durch die zuständigen Gerichte. Sicher scheint immerhin, dass auf den Willen des Erblassers jeweils zur Zeit der Testamentserrichtung abzustellen ist – und nicht auf einen möglicherweise erst nach Erhalt der zusätzlichen Gegenstände gebildeten Willen.

BGH Beschluss vom 12.07.2017, Aktenzeichen IV ZB 15/16

12.07.2017: Bundesgerichtshof: Aufweichung der Stichtagsregelung für vor 1949 geborene nichteheliche Kinder.

Nachdem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 2009 das deutsche Recht, das nichtehelichen Kindern, die vor 1949 geboren sind, kein Erbrecht nach dem Vater gibt, für unrechtmäßig erachtet hat, korrigierte der Bundestag das Recht halbherzig dahingehend, dass in allen Erbfällen nach dem 29.05.2009 auch die nichtehelichen Kinder voll erbberechtigt sind. Mit dieser Stichtagsregelung blieben freilich die Kinder, deren Väter vor 2009 verstorben waren, weiterhin diskrimiert. Nach weiteren Urteilen des EGMR Anfang 2017 hat jetzt der Bundesgerichtshof die Stichtagsregelung aufgeweicht. Die Stichtagsregelung gilt nunmehr zwar weiter, aber die Gerichte müssen jeden Einzelfall auf Verhältnismäßigkeit des Erbausschlusses hin prüfen. Im konkreten Fall war für den BGH die Sache klar: die nichteheliche Tochter war die einzige Verwandte des vor 2009 verstorbenen Vaters, die Kontakt zu ihm gepflegt hatte; alle übrigen Verwandten, die ihr nach dem Stichtagsrecht vorgegangen wären, hatten keinerlei Interesse an dem fernen – zudem damals im anderen Teil Deutschlands lebenden – Verwandten gehabt.

BGH, Urteil vom 12.07.2017, Aktenzeichen IV ZB 6/15

04.07.2017: Oberlandesgericht München: Keine Beteiligung am Erbscheinsverfahren, wenn kein Anhaltspunkt für Erbenstellung

Wer für sich eine Erbenstellung in Anspruch nimmt, obwohl er weder gesetzlicher Erbe wäre noch im Testament ein wörtlicher Anhaltspunkt für seine Erbeinsetzung enthalten ist, den kann das Nachlassgericht im Erbscheinsverfahren ungehört übergehen. Er muss sein vermeintliches Recht – das sich dann nach Lage der Dinge nur aus ergänzender Auslegung des womöglich lückenhaften Testaments ergeben kann – dann vor dem ordentlichen (Prozess-)gericht geltend machen.

OLG München, Beschluss vom  04.07.2017; Aktenzeichen 31 Wx 211/15

27.06.2017: Oberlandesgericht Frankfurt a. M.: Keine Voreintragung des Erben nötig zwecks Eintragung einer Grundschuld zur Kaufpreisfinanzierung

Wer als Erbe einer Immobilie diese verkauft, muss sich zu diesem Zweck nicht erst selbst im Grundbuch eintragen lassen (§ 40 GBO). Strittig ist, ob diese Vergünstigung auch dann gilt, wenn nicht (nur) eine Eigentumsübertragung vorgenommen werden soll, sondern eine Grundschuld eingetragen werden soll, die dem Käufer die Finanzierung des Kaufes ermöglicht. Das OLG Frankfurt meint, in diesem Falle könne ebenfalls auf die Voreintragung des Erben verzichtet werden. Denn auch hier sei klar, dass der Erbe auch hier alsbald wieder aus dem Grundbuch verschwinden würde – nicht anders als beim Verkauf ohne eine solche Finanzierungsgrundschuld.

OLG Frankfurt; Beschluss vom 27.06.2017, Aktenzeichen 20 W 179/17

06.06.2017: Oberlandesgericht München: Tausch von Kellerräumen durch zwei Wohnungseigentümer

Dass der Kellerraum durch die Teilungserklärung einer bestimmten Wohnung zugewiesen und samt Wohnung mit einem bestimmten Miteigentumsanteil am Gesamtgrundstück verbunden ist, bedeutet nicht, dass eine Änderung der Zuordnung der Zustimmung aller Miteigentümer bedürfte. Zwar bedarf eine Änderung der Teilungserklärung im Normalfall der Zustimmung aller Miteigentümer. Es gibt aber dort Ausnahmen, wo die Rechte der Miteigentümer nicht betroffen sind. So kann etwa eine Unterteilung einer Wohnung ohne Zustimmung der Miteigentümer vorgenommen werden, und ein Tausch von Räumen ebenfalls. Auch kann, wie hier geschehen, auch einfach ein Kellerraum auf einen anderen Miteigentümer übertragen werden – durch Rechtsgeschäft der beiden und Eintragung im Grundbuch.

OLG München, Beschluss vom 06.06.2017, Aktenzeichen 34 Wx 440/16

31.05.2017: Kammergericht: Fernmeldegeheimnis blockiert Zugang der Erben zum Facebook-Account des Toten.

Der Erbe tritt in alle Vertragsverhältnisse des Verstorbenen ein. Es müssen ihm also alle Rechte gewährt werden, die auch der Verstorbene hatte. Ob dies bei “Facebook” anders ist, weil diese Firma bei Kenntnis vom Todesfall den Account umstellt auf “Gedenkzustand”, hat das Kammergericht offen gelassen. Jedenfalls könnten die Erben deshalb keinen Zugang zum Account des Verstorbenen bekommen, weil das Fernmeldegeheimnis gemäß deutschem Telekommunikationsgesetz einen Zugang der Erben im Interesse des Datenschutzes verbiete. Der Facebook-Account wird also wie ein Telefonanruf bewertet (der auch gegen die Erben geschützt ist), und nicht wie ein Tagebuch, welches den Erben offen steht.

KG, Urteil vom 31.05.2017; derzeit ist das Verfahren beim BGH anhängig, der womöglich anders entscheiden wird.

31.05.2017: Bundesgerichtshof: kein schlichtes Bestreiten im Mietprozess

Klagt der Vermieter eine Mieterhöhung ein und behauptet dabei eine bestimmte Wohnungsgröße, oder klagt er restliche Betriebskosten ein und behauptet dabei einen bestimmten Verbrauch, darf sich der Mieter nicht aufs schlichte Bestreiten verlegen. Er muss vielmehr – im Rahmen seiner Möglichkeiten – darlegen, was er für richtig hält. Geht es um die Wohnungsgröße, so muss er die Wohnung mindestens händisch ausmessen und dieses Ergebnis vortragen.

BGH, Urteil vom 31.05.2017, Aktenzeichen VIII ZR 181/16

31.05.2017: Landgericht Frankfurt a.M.: Keine Klage der WEG auf Zahlung von Rückständen, wenn die Jahresabrechnung ein Guthaben auswies

Seit Jahren ist umstritten, ob der Beschluss der Jahresabrechnung lediglich die Einnahmen und Ausgaben der WEG samt ihrer Umlage auf die einzelnen Eigentümer umfasst, oder ob sie auch verbindlich die Höhe der Abrechnungsspitze, also der Nachzahlung, die jeder einzelne der WEG schuldet, festsetzt. Im vorliegenden Fall hatte der klagende Eigentümer laut Jahresabrechnung sogar ein Guthaben. Dieses ergab sich aber nicht aus tatsächlich geleisteten Vorauszahlungen, sondern nur aus Vorauszahlungen, die er nach Meinung des Verwalters hätte leisten sollen, aber nicht geleistet hat. Nachdem in einem früheren Prozess das dortige Gericht festgestellt hatte, dass der Eigentümer die Vorauszahlungen zu Recht nicht geleistet hatte – weil nämlich der betreffende Wirtschaftsplan ungültig war – hatte der Verwalter eigenmächtig – nämlich ohne weiteren Beschluss der Wohnungseigentümer – die Abrechnungsspitze der Jahresabrechnung geändert. Statt eines Guthabens stand nun hier eine erhebliche Nachzahlung zu Buche. Diese kann die WEG nicht mit Erfolg einklagen, solange nicht über die geänderte Abrechnungsspitze beschlossen ist – so jedenfalls die Meinung des Landgerichts Frankfurt. Das Gericht hat aber die Revision zugelassen, so dass in absehbarer Zeit Klarheit darüber zu erwarten ist, ob die Abrechnungsspitze Teil der Jahresabrechnung ist und somit auch nur durch Beschluss der Eigentümer wieder geändert werden kann – oder ob sie nur eine rechnerische Folge der Jahresabrechnung ist, so dass der Verwalter sie eigenmächtig ändern kann, wenn sich Vorauszahlungen als nicht geschuldet herausstellen.

LG Frankf.a.M.; Urteil vom 31.05.2017, Aktenzeichen 2-13 S 135/16

23.05.2017: Landgericht Berlin: Der Mieter kann im laufenden Mietverhältnis Renovierung in weiß fordern.

Es geschieht eher selten: Der Vermieter renoviert eine Wohnung, während der Mieter sie bewohnt. Wenig bekannt ist demzufolge, dass der Vermieter zur laufenden Renovierung sogar verpflichtet ist – es sei denn, er hat die Schönheitsreparaturen vertraglich wirksam auf den Mieter abgewälzt, was aber nicht so einfach ist und daher oft misslingt. Streitpunkt des hier entschiedenen Verfahrens war nun die Farbwahl: Der Vermieter schickte sich an, in Gelbtönen zu streichen, der Mieter bestand aber auf weiß – und das Landgericht gab ihm Recht. Solange der Mietvertrag läuft, bestimme der Mieter, wie die Wohnung aussieht – es sei denn, es stehen triftige Interessen des Vermieters entgegen. So wäre es womöglich, wenn der Mieter einen Anstrich in rot, blau oder grün fordern würde. Gegen einen Anstrich in weiß kann der Vermieter aber in der Regel nichts haben, und dann hat der Mieter auch einen entsprechenden Anspruch.

LG Berlin, Beschluss vom 23.05.2017, Aktenzeichen 67 S 416/16

17.05.2017: Oberlandesgericht Saarbrücken: Auszahlung einer Lebensversicherung nach Widerruf durch die Erben

Hatte der Verstorbene eine Lebensversicherung abgeschlossen und eine andere Person als Bezugsberechtigte benannt, so können die Erben die Bezugsberechtigung zwar nicht mehr widerrufen. Sie können aber der Versicherung verbieten, die Versicherungssumme an den Bezugsberechtigten auszubezahlen. Sie können ihr auch verbieten, dem Bezugsberechtigten gegenüber die bloße Bereitschaft zur Auszahlung zu signalisieren. De facto haben die Erben damit das Recht, die Bezugsberechtigung nach dem Tode noch zu ändern – wenn ihr Widerruf den Versicherer erreicht, bevor dieser dem Bezugsberechtigten gegenüber die Zahlung angekündigt hat. De iure bleibt das Bezugsrecht aber bestehen. Nach einem derartigen – rechtzeitig erfolgten – Widerruf sitzt die Versicherung juristisch “zwischen zwei Stühlen”. Eigentlich müsste sie die Versicherungssumme hinterlegen und den streitenden Parteien Gelegenheit geben, die Berechtigung an dem Geld vor Gericht zu klären. Hier hatte nun die Versicherung an die Erben gezahlt und war infolgedessen von der Bezugsberechtigten verklagt worden. Zu Unrecht, wie das Oberlandesgericht meinte: Wenn klar sei, dass der Widerruf rechtzeitig erfolgt sei, müsse die Versicherung die formal fortbestehende Bezugsberechtigung nicht mehr beachten.

OLG Saarbrücken, Urteil vom 17.05.2017, Aktenzeichen 5 U 35/16

17.05.2017: Bundesgerichtshof: Mieterhöhung nach widerrufener Modernisierungsvereinbarung

Auch Mieter können je nach den Umständen wie Verbraucher Verträge widerrufen. Das gilt nicht nur für den Mietvertrag selbst, sondern auch für eine Vereinbarung mit dem Vermieter über eine Modernisierung der Wohnung. Widerruft der Mieter wirksam, schuldet er freilich – wie der Verbraucher sonst auch – Wertersatz, also Ersatz für den Wert, der ihm aufgrund der widerrufenen Vereinbarung nunmehr ohne rechtlichen Grund zugewachsen ist. Der BGH hat nun entschieden, dass beim Mieter der Wertersatz allerdings nicht in einer erhöhten Miete bestehe. Vielmehr bleibe der Vermieter darauf angewiesen, die Miete im gesetzeskonformen Verfahren zu erhöhen. Damit erhält er die höhere Miete nicht für alle Modernisierungsmaßnahmen (§ 559 BGB), und außerdem erst einige Monate später (§ 559b Absatz 2 BGB).

BGH, Urteil vom 17.05.2017, Aktenzeichen VIII ZR 29/16

17.05.2017: Bundesgerichtshof: Kein Schiedsgericht für die Abberufung eines Testamentsvollstreckers.

Im Testament kann wirksam angeordnet werden, dass Streitigkeiten der Erben vor einem Schiedsgericht zu lösen sind – statt vor einem staatlichen Gericht. Die Entscheidung darüber, ob ein testamentarisch eingesetzter Testamentsvollstrecker vom Nachlassgericht entlassen wird oder entlassen werden muss, bleibt indessen den staatlichen Gerichten vorbehalten.

BGH, Beschluss vom 17.05.2017, Aktenzeichen IV ZB 25/16

17.05.2017: Landgericht Hamburg: Beschlusskompetenz, aber kein Klagerecht der Untergemeinschaft.

Manche Wohnungseigentümergemeinschaften sind qua Teilungserklärung in sogenannte Untergemeinschaften aufgeteilt. In der Regel geschieht dies im Falle von Mehrhausanlagen, damit jede Hausgemeinschaft ihre Angelegenheiten im möglichen Umfang selbst regeln kann. Die Beschlusskompetenz der Versammlung der Untergemeinschaft reicht so weit, wie die Teilungserklärung der Gesamt-Gemeinschaft dies bestimmt. Für die Kosten einer von der Untergemeinschaft beschlossenen Instandhaltungsmaßnahme haftet die Untergemeinschaft am Ende allein – wenngleich die Verträge nach außen – mit den Handwerkern – im Namen der Gesamt-Gemeinschaft geschlossen werden müssen. Auch eine mögliche Klage auf Zahlung der für die Maßnahme nötigen Gelder kann nur die Gesamt-Gemeinschaft erheben.

LG Hamburg, Urteil vom 17.05.2017, Aktenzeichen 318 S 85/16

16.05.2017: Oberlandesgericht Karlsruhe: Konflikt zwischen dem Erben und dem früheren Bevollmächtigten

Rechtsverhältnisse zwischen einem Vollmachtgeber und einem Bevollmächtigten sind meistens konfliktfrei, weil zwischen den beiden in der Regel ein Vertrauensverhältnis besteht. Das gilt für eine Bankvollmacht ebenso wie für eine Generalvollmacht oder eine Vorsorgevollmacht. Schwierig wird es häufig dann, wenn der Vollmachtgeber gestorben ist und nicht – oder nicht allein – von dem Bevollmächtigten beerbt wird, sondern von einem Dritten. Dieser verlangt dann gelegentlich Rechenschaft und fordert Erstattung von Bargeldbeträgen, die ohne erkennbaren Anlass von den Konten des Verstorbenen “verschwunden” sind. Was mit dem Geld passiert ist, bleibt zwischen den Parteien oft umstritten und letztlich eine Frage der Beweislastverteilung.
Das OLG Karlsruhe hat nun für diesen Komplex zwei Feststellungen zur Beweislast getroffen: Diese unterscheiden sich augenfällig danach, was der früher Bevollmächtgte behauptet: 1) Behauptet er, das Geld als Aufwandsentschädigung oder Entlohnung erhalten zu haben, muss er diese seine Sichtweise nachvollziehbar darlegen. Der Erbe muss dann beweisen, dass das nicht stimmt. 2) Behauptet der Bevollmächtigte, er habe das Geld für den Vollmachtgeber abgehoben, so muss der Bevollmächtigte beweisen, dass er das Geld tatsächlich dem Vollmachtgeber ausgehändigt hat.
Nur vordergründig erscheint es so, als wenn es nun für den Bevollmächtigten in jedem Falle das Einfachste wäre, wenn er immer behauptet, das Geld sei eine Gegenleistung für ihn gewesen. Denn das Gericht gewährt ihm in der 2. Variante eine deutliche Erleichterung bei der Beweisführung, während es in der 1. Variante dem Erben die Beweisführung erleichtert.
Nicht Gegenstand dieses Verfahrens war die dritte mögliche Variante: Der Bevollmächtigte erklärt, der Vollmachtgeber habe ihm dieses Geld geschenkt. Hier gelten wiederum eigene Beweislastgrundsätze, zu denen das Gericht sich nicht zu äußern hatte (bei der Handschenkung wie Variante 1: der Bevollmächtigte muss die Handschenkung darlegen, der Erbe muss dann beweisen, dass dies falsch ist; bei dem zunächst noch nicht erfüllten Schenkungsversprechen muss der Erbe beweisen, dass es das Schenkungsversprechen nicht gegeben hat, und wenn ihm das misslingt, muss der Bevollmächtigte beweisen, dass er das Geschenk am Ende tatsächlich erhalten hat)..

OLG Karlsruhe, Urteil vom 16.05.2017, Aktenzeichen 9 U 167/15

16.05.2017: Landgericht Berlin: Ungenehmigte Aufnahme der Lebensgefährtin kein Kündigungsgrund.

Die Aufnahme der Lebensgefährtin in die Mietwohnung bedarf der Zustimmung des Vermieters. Dass der Mieter oft einen Anspruch darauf hat, dass der Vermieter zustimmt, ändert daran nichts. Hier hatte der Vermieter dem Mieter gekündigt, weil der keine Erlaubnis eingeholt hatte. Ansonsten war das Mietverhältnis über Jahre beanstandungsfrei. Das Gericht ist der Auffassung, unter diesen Umständen reiche eine unerlaubte Aufnahme der Lebensgefährtin für eine Kündigung nicht aus – weder für eine fristlose noch für eine ordentliche Kündigung.

LG Berlin, Urteil vom 16.05.2017, Aktenzeichen 67 S 119/17

11.05.2017: Oberlandesgericht Hamm: Auch eine “Vollmacht” kann ein Testament enthalten.

Das gilt allerdings nicht für den typischen Fall einer Generalvollmacht, die auch über den Tod hinaus Gültigkeit haben soll. Im vorliegenden Fall war die Vollmacht jeweils nur für ein bestimmtes Bankkonto formuliert, und die Urkunde ruhte nicht bei der Bank, sondern bei der Erblasserin daheim. Auch besaß bereits eine weitere Person allgemeine Kontovollmacht. Das Gericht kam daher – nicht überraschend – zu dem Ergebnis, dass in dieser Situation die “Vollmacht” nur den Sinn eines Testaments haben konnte.

OLG Hamm, Beschluss vom 11.05.2017, Aktenzeichen 10 U 64/16

10.05.2017: Bundesgerichtshof: Kündigung wegen gemeinnützigen Interesses

Eigenbedarf und angemessene wirtschaftliche Verwertung sind nur zwei mögliche Kündigungsgründe. Daneben lässt das Gesetz auch Kündigungen wegen sonstiger berechtigter Interessen des Vermieters zu. Das gilt auch für karitative, gemeinnützige Interessen. Hier ist allerdings in jedem einzelnen Fall zu ermitteln, wie schwer das Interesse des Vermieters an der gemeinnützigen Tätigkeit wiegt, und ob es so schwer wiegt wie Eigenbedarf oder die angemessene wirtschaftliche Verwertung. In diesem Fall wollte der Vermieter sein Haus weitgehend kostenneutral sanieren, indem er an ein psychosoziales Wohnprojekt vermietet. Dabei, so der BGH, reicht sein berechtigtes Interesse nicht einmal dann so weit, eine Wohnungskündigung zu rechtfertigen, wenn er sich auf das öffentliche Interesse an dem Wohnprojekt berufen könnte. Denn es geht ihm primär um die Deckung seiner Sanierungskosten.
Die Frage,  ob sich ein Privater grundsätzlich auf öffentliche oder gar gemeinnützige Interessen berufen kann, um eine Wohnung zu kündigen, hat der BGH dabei leider offen lassen können. Diese Frage ist bis heute nicht geklärt.

BGH, Urteil vom 10.05.2017, Aktenzeichen VIII ZR 292715

10.05.2017: Bundesgerichtshof: Noch mehr Rechtssicherheit beim Behindertentestament.

Ein “Behindertentestament” erfüllt seinen Zweck nur dann, wenn das, was dem Behinderten vererbt wird, diesem auch tatsächlich zugute kommt – und nicht von dem Sozialhilfeträger zur Aufbringung der Kosten konfisziert oder darauf angerechnet wird. Das geschieht in der Regel dadurch, dass der Erbteil des Behinderten per Testament mit einer sogenannten Dauer-Testamentsvollstreckung belegt und die Auszahlung des Kapitals an den Behinderten verboten wird. So profitiert der Behinderte von den Erträgen des Kapitals, ohne dass der Staat auf das Kapital selbst zugreifen kann. Im hier vom BGH entschiedenen Fall hatte die Testamentsvollstreckerin irrtümlich – bzw. auf Weisung eines Ergänzungsbetreuers das Kapital auf ein Konto einbezahlt, das auf den Namen der Behinderten lautete. Somit hätte der Sozialhilfeträger Zugriff auf das Geld gehabt. Nun hatte der BGH nicht über einen Zugriff des Sozialhilfeträgers zu entscheiden, sondern über den Zugriff der Staatskasse zugunsten des Ergänzungsbetreuers. Danach sind dessen Kosten nicht von dem Konto des Behinderten zu bezahlen, sondern aus der Staatskasse. Der Fehler, den die Testamentsvollstreckerin auf Weisung des Ergänzungsbetreuers hin gemacht hatte, blieb hier also ohne Folgen für die Behinderte. Der BGH gibt also zu verstehen, dass er das – sozialpolitisch nicht unproblematische – Behindertentestament weiterhin zu verteidigen gedenkt.

BGH, Beschluss vom 10.05.2017, Aktenzeichen XII ZB 614/16

04.05.2017: Landgericht Berlin: Arbeitsblatt taugt nicht als Beweismittel

Ist zwischen Mieter und Vermieter unstrittig, dass das Objekt mit Legionellen befallen ist, herrscht aber Streit darüber, ob das Ausmaß auch gesundheitsschädlich ist, kann sich der Richter nicht auf das Arbeitsblatt des “Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches” zurückziehen, welches erst ab einer Konzentration von 10.000 KBE/100 ml eine Sanierung empfiehlt. Vielmehr muss er ein Sachverständigengutachten einholen.

LG Berlin, Urteil vom 04.05.2017, Aktenzeichen 67 S 59/17

24.04.2017: Oberlandesgericht Nürnberg: Wechselbezüglichkeit erstreckt sich auch auf die Anwachsung

Haben zwei Eheleute einander in gemeinschaftlichem Testament eingesetzt und für den Fall des Todes des zweiten von ihnen Schlusserben eingesetzt, so entfaltet das Testament nach dem Tode des ersten der beiden eine Bindungswirkung. Der länger Lebende der beiden kann dann also die Schlusserbeneinsetzung nicht mehr ändern. Gesetzlich nicht geregelt ist, was geschieht, wenn in einem solchen Fall einer von mehreren Schlusserben wegfällt. Wegfallen kann er dadurch, dass er nach Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments stirbt, aber auch dadurch, dass er trotz bestehender “Strafklausel” einen Pflichtteil fordert und infolgedessen (je nach Testamentsgestaltung) als enterbt gilt. Ist also auf diese oder jene Weise ein Schlusserbe weggefallen, so ist unklar, ob die Bindungswirkung des Testaments dazu führt, dass der Erbteil des weggefallenen Schlusserben den übrigen Schlusserben “anwächst” – oder ob der länger lebende Ehegatte nunmehr frei ist, den Erbteil des Weggefallenen anderweitig zu vergeben. Das OLG Nürnberg hat nun entschieden, dass die Bindungswirkung zwingend zur Anwachsung führt. Fällt also ein Schlusserbe weg, so erhalten die übrigen ihn nach Maßgabe der Größe ihrer testamentarischen Anteile.

OLG Nürnberg, Beschluss vom 24.04.2017, Aktenzeichen 1 W 642/17

24.04.2017: Oberlandesgericht München: Der Ersatzerbe des Stiefkinds im gemeinschaftlichen Testament.

Bei ehelichen Kindern ist es einfach: ist es als Schlusserbe in einem gemeinschaftlichen Testament seiner Eltern eingesetzt, stirbt es aber, bevor beide Eltern tot sind, so spricht die Vermutung dafür, dass die Kinder des vorverstorbenen Kindes Ersatzerben seiner Großeltern sein sollen (vgl §§ 2068, 2069 BGB). Schwieriger ist es, wenn das vorverstorbene Kind nur leibliches Kind von einem der beiden Verfasser des gemeinschaftlichen Testaments war. Haben also Eheleute sich in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Erben eingesetzt, und haben sie als Schlusserben, also für die Zeit nach dem Tod beider, ein Kind des einen eingesetzt, das aber nur Stiefkind des anderen ist, so fragt sich, wer nach dem gemeinschaftlichen Testament nun Schlusserbe sein soll, wo das Stiefkind schon tot ist. Aus Sicht des leiblichen Elternteils mag es nahe liegen, dass die Abkömmlinge des Vorverstorbenen Ersatzerben sein sollen, weil diese in der Linie der Blutsverwandtschaft liegen. Aus der Sicht des Stief-Elternteils mag es aber näher liegen, dass niemand als Ersatzerbe eingesetzt ist und daher der Stief-Elternteil frei darin war, einen anderen Schlusserben zu bestimmen. Das OLG München meint, der mutmaßliche Wille der gemeinschaftlich Testierenden sei dahin gegangen, für den Fall, dass ihr Kind/Stiefkind schon vorverstorben sein wird, dessen Kinder einzusetzen.

OLG München, Beschluss vom 24.04.2017, Aktenzeichen 31 Wx 128/17

12.04.2017: Landgericht Wiesbaden: Anwaltshonorar für Testamentsentwürfe

Der Honorarforderung des Anwalts bei Erstellung von Testamentsentwürfen wird meistens eine Vereinbarung (“Vergütungsvereinbarung”) zugrunde liegen. Die Rechtslage für den Fall, dass es an einer Vereinbarung fehlt, ist aber bis dato nicht abschließend geklärt. Die frühere Gebührenordnung (“BRAGO”) hat den Entwurf von “Urkunden” ausdrücklich erwähnt; das neuere “RVG” erwähnt nur noch den Entwurf von Verträgen. Ob auch Testamente in diesem Sinne als Verträge zu begreifen sind, ist bis heute nicht abschließend geklärt. Für gemeinschaftliche Testamente ist nach einem Gutachten der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main von einer Geschäftsgebühr wie bei Verträgen auszugehen, da die Ehegatten eine gegenseitige Bindung anstreben. Nun hat das Landgericht Wiesbaden entschieden, dass auch für den Entwurf zweier aufeinander abgestimmter Einzeltestamente zweier Ehegatten die Geschäftsgebühr wie bei Verträgen anfällt. Die Entscheidung ist aber noch nicht rechtskräftig.

LG Wiesbaden, Urteil vom 12.04.2017, Aktenzeichen 5 S 33/16

29.03.2017: Bundesgerichtshof: Neue Regeln bei vorgetäuschtem Eigenbedarf

Zieht die Person, für die der Vermieter die Wohnung gekündigt hatte, nicht in die Wohnung ein, wird diese Wohnung vielmehr an eine andere Person vermietet, so begründet dies den Verdacht, dass der Eigenbedarf von Anfang an nur vorgeschoben war. Klagt deshalb nun der frühere Mieter auf Schadensersatz, so obliegt es künftig dem Vermieter, sehr genau darzulegen, warum die Person, die angeblich hatte einziehen sollen, dies nun doch nicht getan hat. Mit Floskeln darf sich hier kein Gericht abspeisen lassen; umgekehrt muss der frühere Mieter keine Recherchen darüber anstellen, welche Motivation für den Vermieter leitend war.

BGH, Urteil vom 29.03.2017, Aktenzeichen VIII ZR 44/16

22.03.2017: Oberlandesgericht Karlsruhe: Grünanlagen sind keine Parkplätze.

Enthält die Teilungserklärung keine klare Umgrenzung der Bereiche, für die ein Sondernutzungsrecht gelten soll, insbesondere keinen Lageplan, so ergibt die Auslegung der Teilungserklärung, dass an Parkplätze angrenzende Grünflächen nicht der Sondernutzung unterliegen. Das soll nach dem OLG Karlsruhe auch dann gelten, wenn das Sondernutzungsrecht laut Teilungserklärung “an dem gesamten Parkplatz” (des Supermarkts) besteht und sich auf den angrenzenden Grünflächen die Leuchten dieses Parkplatzes befinden..

OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.03.2017, Aktenzeichen 6 U 172/14

16.03.2017: Bundesgerichtshof: Schiedsgericht für Pflichtteilsangelegenheiten nicht durch Anordnung des Erblassers!

Kein Erblasser ist befugt, per Testament auch Pflichtteilsfragen der alleinigen Zuständigkeit eines Schiedsgerichts zu unterwerfen. Der enterbte Pflichtteilsberechtigte kann sich also ungeachtet einer solchen testamentarischen Bestimmung an die staatlichen Gerichte wenden. Nicht gehindert ist er freilich, selbst mit dem Erben eine Schiedsgerichtsvereinbarung zu treffen.

BGH, Beschluss vom 16.03.2017, Aktenzeichen I ZB 49/16

15.03.2017: Bundesgerichtshof: Sonderbehandlung von Rohrwärmefällen nur bei freiliegenden Leitungen.

Eigentlich ist es ganz einfach: Heizkosten werden zu mindestens 50% nach Zählerstand abgerechnet. Andere Messverfahren kommen nur zur Anwendung in Gebäuden, in denen die freiliegenden Leitungen überwiegend ungedämmt sind, § 17 Abs.1 Satz 3 Heizkostenverordnung. Der BGH hat nun entschieden, dass dies so gemeint ist, wie es dort steht. Liegen die ungedämmten Leitungen im Estrich oder unter Putz, bleibt es – entgegen bisher weit verbreiteter Ansicht bei Gerichten und Messunternehmen – bei der Ablesung der Zählerstände.

BGH, Urteil vom 15.03.2017, Aktenzeichen VIII ZR 5/16

14.03.2017: Bundesgerichtshof: Betriebskostenabrechnung für den Mieter ohne Jahresabrechnung der WEG

Ist eine Eigentumswohnung vermietet, ist die dem Mieter zu erstellende Betriebskostenabrechnung von der den Eigentümern zu erstellenden Jahresabrechnung zu unterscheiden. Die Jahresabrechnung, die der Verwalter für die Eigentümer erstellt, bedarf zu ihrer Gültigkeit des Beschlusses. Für den Mieter ist sie rechtlich ohne Belang. Tatsächlich sieht es zwar so aus, dass der Verwalter in seiner Jahresabrechnung in der Regel unterscheidet zwischen Posten, die auf den Mieter umgelegt werden können (das sind die meisten), und solchen, die beim Vermieter “hängen” bleiben, und dass dem Mieter die so gestaltete Rechnung zuzüglich der Grundsteuer einfach weitergeleitet wird. Rechtlich betrachtet gibt es aber keine Verbindung dieser Art. Erhält der Vermieter vom Verwalter keine Jahresabrechnung oder ist diese fehlerhaft oder wird von der Versammlung der Eigentümer nicht beschlossen, so ändert das nichts an der Verpflichtung des Vermieters, mit dem Mieter abzurechnen. Liegt ihm eine Abrechnung vor, die lediglich noch nicht beschlossen ist, so kann sich der Vermieter dieser Rechnung bedienen. Eventuelle Fehler der Abrechnung hat er seinem Mieter gegenüber aber zu vertreten. Umgekehrt kann der Mieter auch nicht verlangen, dass ihm keine Abrechnung zugeschickt werde, solange die Eigentümerversammlung noch nicht über die Jahresabrechnung entschieden hat.

BGH, Urteil vom 14.03.2017, Aktenzeichen VIII ZR 50/16

14.03.2017: Oberlandesgericht Hamm: Berücksichtigung von Darlehen zwischen Verstorbenem und Erben bei der Pflichtteilsberechnung

Hatte der Verstorbene dem Erben oder der Erbe dem Verstorbenen ein Darlehen gewährt, so erlischt dieses mit dem Erbfall, weil nunmehr Gläubiger und Schuldner des Darlehens in einer Person zusammenfallen: dem Erben. Das ändert aber nichts daran, dass die Darlehensforderung zu berücksichtigen bleibt, wenn ein Dritter vom Erben seinen Pflichtteil verlangt. In diesem Fall spielt es keine Rolle, dass sich Gläubiger und Schuldner der Forderung nun in einer Person wiederfinden. Maßgebend ist hier allein das Vermögen des Verstorbenen, bevor es sich mit dem des Erben verbunden hat. Hatte also – wie hier – die Erbin ihrer Mutter Geld geliehen, so enthielt das Vermögen der Mutter in entsprechender Höhe Schulden. Entsprechend geringer fällt der Pflichtteilsanspruch des Enterbten aus.

OLG Hamm, Urteil vom 14.03.2017, Aktenzeichen 10 U 62/16

12.03.2017: Europ. Gerichtshof für Menschenrechte: Erbausschluss für nichteheliche, vor 1949 geborene Kinder rechtswidrig.

Schon 2009 hatte der EGMR festgestellt, dass das deutsche Recht in puncto Erbrecht der nichtehelichen Kinder gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt. Daraufhin hatte der Bundestag zwar nachgebessert, aber nur für Erbfälle, die seit dem Tag des damaligen Gerichtsurteils eintraten (29.05.2009). Für die älteren Fälle galt das alte Recht weiter. Nun hat der EGMR auch dieses verbliebene Altrecht kassiert.

EGMR, Urteil vom 23.03.2017, 59752/13 und 66277/13 Wolter und Sarfert ./. Deutschland, siehe auch schon U.v. 09.02.2017, 29762/10; Mitzinger ./. Deutschland

09.03.2017: Oberlandesgericht Köln: Anfechtung eines Verzichts auf einen Nießbrauch durch den Träger der Sozialhilfe

Wer Vermögensgegenstände verschenkt, kann diese im Fall der eigenen Verarmung bis zu zehn Jahre nach der Schenkung zurückfordern. Bezieht der Verarmte Sozialhilfe, kann der Sozialhilfeträger das Recht zur Rückforderung auf sich überleiten. Hier hatte eine Mutter ihrem Sohn ein Hausgrundstück überschrieben (geschenkt), sich aber einen Nießbrauch vorbehalten. Später musste die Mutter dauerhaft in ein Pflegeheim; sie verzichtete deshalb auf ihren Nießbrauch. Das OLG Köln hat erkannt, dass auch der Verzicht auf einen Nießbrauch eine Schenkung ist, da hierdurch das Vermögen des Sohnes deutlich erhöht wird. So konnte der Sozialhilfeträger, der für die Mutter die Heimkosten zahlte, von dem Sohn den Mehrwert heraus verlangen, den dieser durch den Verzicht der Mutter auf den Nießbrauch erlangt hatte. Der Wert des Geschenks sei jedenfalls mit dem Wert des Nießbrauchs identisch. Zur Ermittlung des Wertes des Nießbrauchs gebe es zwar verschiedene Methoden. Welche Methode das Gericht heranziehe, sei ihm aber selbst überlassen; allgemein anerkannt sei der Wert des Grundstücks multipliziert mit dem Vervielfältiger nach der jeweils aktuellen Sterbetafel des Bundesministeriums der Finanzen (BMF).

OLG Köln, Urteil vom 09.03.2017, Aktenzeichen 7 U 119/16

08.03.2017: Oberlandesgericht München: Verjährung des Wertermittlungsanspruchs während eingeklagter Auskunft

Der Pflichtteilsberechtigte besitzt zwei Hilfsansprüche, um seinen Pflichtteilsanspruch berechnen zu können: einen Anspruch auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses (einschließlich etwaiger vorheriger Schenkungen) und einen Anspruch auf sachverständige Ermittlung des Wertes einzelner Nachlassgegenstände. Beide Ansprüche verjähren völlig unabhängig voneinander. Auch die Verbindung einer Klage auf Auskunft mit einer Klage auf Zahlung führt nicht auch zur Verjährungsunterbrechung auch für die Wertermittlung, selbst wenn diese zur Berechnung der Zahlung notwendig sein sollte.
Dies ist allerdings für den Pflichtteilsberechtigten nur dann gefährlich, wenn er von dem Gegenstand, dessen Wert zu ermitteln sein sollte, schon aus anderen Quellen als der eingeklagten Auskunft wusste. Kein Problem hat er also, wenn er – wie üblich – erst aus der Auskunft erfährt, welche Nachlassgegenstände vorhanden waren, und sodann deren Wertermittlung fordert. In diesem Fall beginnt die Verjährung des Wertermittlungsanspruchs erst mit dem Ende des Jahres, in welchem die Auskunft erteilt wurde.

OLG München, Urteil vom 08.03.2017, Aktenzeichen 20 U 3806/16

14.03.2017: Oberlandesgericht Hamm: Berechnung des Pflichtteils, wenn der Erbe dem Verstorbenen Kredit gewährt hatte

Der Pflichtteilsanspruch bemisst sich nach dem Wert des Nachlasses im Moment des Todes. Hatte der Verstorbene beim späteren Erben ein Darlehen aufgenommen, erlosch die Forderung nach Rückzahlung des Darlehens mit dem Tode, weil sich durch den Erbfall die Personen von Kreditnehmer und Kreditgeber vereinigten (sogenannte Konfusion). Der Wert des Nachlasses kann aber nur entweder vor dem Erlöschen oder nach dem Erlöschen bemessen werden. Für die Zwecke der Pflichtteilsberechnung kommt es – selbstverständlich, sollte man meinen – auf den Wert vor dem Erlöschen an. Denn dass die Darlehensforderung erlischt, ist ja auf einen Vermögenswert zurückzuführen, der aus dem Vermögen des Erben stammt und eben nicht aus dem Nachlass. So denn auch – nicht überraschend – das OLG Hamm in dieser Entscheidung.

OLG Hamm, Urteil vom 14.03.2017, Aktenzeichen 10 U 62/16

23.02.2017: Landgericht Mainz: Einsichtsrecht des Pflichtteilsberechtigten in die Betreuungsakte des Verstorbenen

Der Pflichtteilsberechtigte hat in der Regel ein eigenes Recht auf Einsichtnahme in die Betreuungsakte. Dazu muss nur ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht werden, und schutzwürdige Interessen Dritter dürfen nicht entgegenstehen.
Da der Betreuer dem Gericht bei Übernahme und Beendigung der Betreuung Rechnung über die Geschäfte des Betreuten zu legen hat, ist dies ein probates Mittel für den Pflichtteilsberechtigten, dem der Erbe meist nur zögerlich Auskunft geben mag.

LG Mainz, Beschluss vom 23.02.2017, Aktenzeichen 8 T 25/17

21.02.2017: Oberlandesgericht Düsseldorf: Keine Zurückbehaltung der Kaution bei Mängeln

Der Mieter, der ein Mietobjekt übernimmt, das unstrittig nicht den vertraglichen Anforderungen entspricht, ist gleichwohl nicht berechtigt, ein Zurückbehaltungsrecht an der Kaution geltend zu machen, also deren Zahlung einstweilen zu verweigern.  Verweigert er die Zahlung doch oder macht er sie von Bedingungen abhängig (Fertigstellung der Wohnung), so kann der Vermieter fristlos kündigen.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.02.2017, Aktenzeichen I-10 U 87/16

21.02.2017: Oberlandesgericht Düsseldorf: Vermieterwechsel während eines Räumungsrechtsstreits

Geht das Eigentum an einer Immobilie während eines laufenden Räumungsrechtsstreits auf den Erwerber über, bleibt der frühere Eigentümer trotzdem befugt (“aktivlegitimiert”), den Rechtsstreit zuende zu führen. Er ist lediglich gehalten, nunmehr Herausgabe des Grundstücks nicht an sich, sondern an den Erwerber zu verlangen.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.02.2017, Aktenzeichen I-10 U 87/16

10.02.2017: Bundesgerichtshof: Kein Schadensersatzanspruch des Miteigentümers bei Zahlungsausfällen

Zahlt ein Wohnungseigentümer seine Beiträge / Hausgelder nicht oder nicht rechtzeitig, so hat nur die WEG als Verband Ansprüche gegen den Säumigen, nicht aber auch der einzelne Miteigentümer. Das gilt nunmehr auch für Schadensersatzsprüche: Hat der Miteigentümer einen Schaden, etwa weil ihm verzugsbedingt der Strom abgestellt wird, muss er sich an die WEG halten, da diese – über den Verwalter – für Nachschüsse zu sorgen hat, falls ein Beitragszahler ausfällt. Er kann sich keinesfalls an den säumigen Miteigentümer halten.

BGH, Urteil vom 10.02.2017, Aktenzeichen V ZR 166/16

09.02.2017: Bundesgerichtshof: Klarheit über den Streitwert bei Anfechtung der Jahresabrechnung

Der Streitwert als Bemessungsgrundlage für Gerichts- und Anwaltskosten bemisst sich nach dem hälftigen Nennwert der Jahresabrechnung bis zu den Grenzen des § 49a GKG.
Der Wert der Rechtsmittelbeschwer desjenigen, der die Jahresabrechnung verteidigt, bemisst sich nach dem Nennwert der Jahresabrechnung abzüglich des Anteils des Gegners.

BGH, Urteil vom 09.02.2017, Aktenzeichen V ZR 188/16

08.02.2017: Bundesgerichtshof: Entwarnung bei der Patientenverfügung.

Nachdem der BGH zuletzt am 06.07.2016 überraschend geurteilt hatte, die Erklärung, “keine lebenserhaltenden Maßnahmen zu wünschen” enthalte für sich genommen nicht die nötige konkrete Behandlungsentscheidung – weshalb eine solche Patientenverfügung ungültig sei -, hat er nun, nach dem Erschrecken der Fachwelt, die Zügel wieder gelockert: Insbesondere sei eine Patientenverfügung auslegungsfähig, wenn sie zwar die konkrete spätere Behandlungssituation strenggenommen nicht beschreibt, wohl aber ähnliche Situationen, aus deren Bewertung sich Schlüsse ziehen lassen. Hier ging es um die künstliche Ernährung in einem Wachkoma. Die Patientin hatte sich aber in ihrer Verfügung weder zur künstlichen Ernährung noch zum Wachkoma geäußert. Die Entscheidung des BGH, diese Patientenverfügung der Auslegung zu öffnen, überträgt die Last der Entscheidung, ob die Ernährung beendet wird, auf das zuständige Landgericht. Für die Praxis kann nur weiterhin dazu geraten werden, sich bei der Abfassung von Patientenverfügungen in mögliche künftige Behandlungssituationen einzufühlen und dann präzise zu formulieren.

BGH, Beschluss vom 08.02.2017, Aktenzeichen XII ZB 604/15

27.01.2017: Oberlandesgericht Düsseldorf: Yacht als Anstandsschenkung

Anstandsschenkungen bleiben bei der Berechnung eines Pflichtteils unberücksichtigt, und wer erbvertraglich oder durch gemeinschaftliches Testament gebunden ist, bleibt dennoch frei, Anstandsschenkungen zu machen. Unter Anstandsschenkungen versteht man solche, die jemand machen muss, will er nicht in seinen Kreisen an Ansehen verlieren. Bisher ist man daher davon ausgegangen, dass ein Anstandsgeschenk eher geringwertig ist. Hier hatte jemand seiner Braut zur Hochzeit eine Yacht im Wert von ca. € 575.000,- geschenkt, und das Oberlandesgericht war der Auffassung, dies könne noch als Anstandsgeschenk durchgehen, weil es nur etwa 5% des Gesamtvermögens des Schenkers ausmachte. Die Frage, ob der Bräutigam sein Ansehen aufs Spiel gesetzt hätte, wenn er ihr nur einen Porsche im Wert von € 75.000,- geschenkt hätte, hat das Gericht nicht gestellt.
Als Muster zur Aushöhlung von Pflichtteilsrechten oder Vertragserben taugt das Urteil trotzdem nur bedingt, da hierfür in der Regel mehr als 5% des Vermögens zu bewegen sind.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.01.2017, Aktenzeichen I-7 U 40/16

25.01.2017: Bundesgerichtshof: Auch Wohnungseigentümer mit nachlässigem Verwalter müssen über die Nebenkosten ihres Mieters in gesetzlicher Frist abrechnen.

Das Gesetz bestimmt, dass der Vermieter über Nebenkostenvorauszahlungen seines Mieters bis zum Ende des Folgejahres abrechnen muss (§ 556 Abs.3 BGB). Nach Ablauf der Frist kann er Nachzahlungen nur noch verlangen, wenn er die Fristüberschreitung entschuldigt. Der BGH hat jetzt klargestellt, dass sich Vermieter von Eigentumswohnungen nicht – oder jedenfalls nur in wenigen Fällen – hinter ihrem WEG-Verwalter verstecken können. Sie müssen alsbald, wenn sie erkennen, dass der Verwalter keine oder eine falsche Abrechnung vorlegt, alles dafür tun, dass innerhalb der gesetzlichen Frist eine korrekte Rechnung erstellt und dem Mieter übermittelt wird. Insbesondere ist im Verhältnis zum Mieter nicht erforderlich, dass die WEG über die Jahresabrechnung beschlossen hat – sie muss nur inhaltlich korrekt sein. In der Konsequenz muss der vermietende Wohnungseigentümer womöglich auf eigene Kosten eine korrekte Abrechnung erstellen, wenn der Verwalter dazu nicht willens oder in der Lage ist.

BGH, Urteil vom 25.01.2017, Aktenzeichen VIII ZR 249/15

19.01.2017: Bundesgerichtshof: keine Ausgleichszahlungen für gebilligte Dachspitz-Ausbauten

Wer sich ohne Änderung der Teilungserklärung, aber mit Zustimmung seiner Miteigentümer den Dachspitz zu Wohnzwecken ausbaut, schuldet den Miteigentümern für die Legalisierung des Ausbaus (Eintragung eines Sondernutzungsrechts im Grundbuch) keine Ausgleichszahlung.

BGH; Beschluss vom 19.01.2017, Aktenzeichen V ZR 95/16

(vgl. OLG Frankfurt vom 08.03.2016; Vorinstanz)

19.01.2017: Bundesgerichtshof: Keine Ausgleichszahlung für Ausbau des Dachspitzes mit Zustimmung der Miteigentümer.

Der Eigentümer der obersten Wohnung im Hause, der den im Gemeinschaftseigentum stehenden Dachspitz für seine Zwecke ausbaut, hat in vielen Fällen einen Anspruch gegen die Miteigentümer auf Einräumung eines Sondernutzungsrechts an der hinzu gewonnenen Wohnfläche, wenn er zugleich die Lasten dafür übernimmt (vgl. OLG Frankfurt, 08.03.2016, 6 U 23/15). Dieses Sondernutzungsrecht ist auf Verlangen des Umbauenden auch im Grundbuch einzutragen. Ungeklärt ist bisher, ob die übrigen Miteigentümer ihre Zustimmung davon abhängig machen können, dass der Umbauende ihnen eine Ausgleichszahlung leistet. Der BGH hat hier nur entschieden, dass eine Ausgleichszahlung nicht in Betracht kommt, wenn die Miteigentümer der Bauausführung vorbehaltlos zugestimmt hatten.

BGH, Beschluss vom 19.01.2017, Aktenzeichen V ZR 95/16

18.01.2017: Bundesgerichtshof: Marktmiete als Nutzungsentschädigung

Ist ein Mietverhältnis wirksam gekündigt, der Mieter aber nicht ausgezogen, kann der Vermieter anstelle der Miete eine Nutzungsentschädigung verlangen. Er kann wählen, ob er den Betrag fordert, den der Mieter schon bisher in Form von Miete zu zahlen hatte, oder die ortsübliche Miete. (§ 546a BGB). Strittig war, ob mit der ortsüblichen Miete lediglich die übliche Bestandsmiete gemeint war – die zum Beispiel der Berechnung von Mieterhöhungen zugrunde zu legen ist – oder die meist höhere Wiedervermietungsmiete (auch Marktmiete genannt). Der BGH hat nun im letztgenannten Sinne entschieden.
Besteht eine Mietpreisbremse, ist mit “Marktmiete” natürlich nur die gesetzlich zulässige Neumiete gemeint, also eine Erhöhung um maximal 10%. Ist die Wohnung mangelhaft, ist natürlich auch die Neumiete entsprechend gemindert – falls nicht die Neumiete gleich unter Berücksichtigung der Mängel berechnet wurde.

BGH, Urteil vom 18.01.2017, Aktenzeichen VIII ZR 17/16

13.01.2017: Bundesgerichtshof: Kein Anspruch auf Einbau eines Fahrstuhls.

Aus dem Verbot des Grundgesetzes, Behinderte zu diskriminieren, ergibt sich noch kein Anspruch, gegen den Willen der übrigen Miteigentümer einen Aufzug in einen mehrstöckigen Eigentumswohnungs-Komplex einbauen zu lassen. Das gelte auch dann, wenn der Antragsteller den Fahrstuhl aus eigenen Mitteln bezahlen will und auch allein für die Unterhaltung aufkommen will.

BGH, Urteil vom 13.01.2017, Aktenzeichen V ZR 96/16

21.12.2016: Landgericht Düsseldorf: Darstellung der Instandhaltungsrücklage in der Jahresabrechnung

Seit der Entscheidung des BGH v. 04.12.2009 wird die Instandhaltungsrücklage üblicherweise als sogenannte “Ist-Rücklage” und zusätzlich als “Soll-Rücklage” ausgewiesen. “Soll-Rücklage” bezeichnet die Summe aller Zahlungen, die die Eigentümer lt. Wirtschaftsplänen und Jahresabrechnungen auf den Posten “Instandhaltungsrücklage” hätten erbringen sollen (abzüglich der getätigten Ausgaben). Die Ist-Rücklage bezeichnet eigentlich das tatsächlich auf einem Rücklagenkonto befindliche Geld. Tatsächlich werden hier in der Regel die Beträge ausgewiesen, die die Eigentümer tatsächlich auf die Rücklage bezahlt haben (abzüglich der getätigten Ausgaben, aber unabhängig davon, auf welchem Konto dieses Geld liegt).
Das LG Düsseldorf erklärt, dass eine Pflicht der WEG, ein Rücklagenkonto zu führen, gar nicht besteht, und dass auch dort, wo ein Rücklagenkonto besteht, sich nicht zwingend sämtliches von den Eigentümern auf die Rücklage gezahlte Geld auf dem Rücklagenkonto befinden muss. So kommt es häufig vor, dass der Verwalter die für die Rücklage bestimmten Hausgeldanteile nicht sofort auf das Rücklagenkonto transferiert, um Liquiditätslücken zu überbrücken (z.B. für Heizölkauf).
Das LG weist nun mit Recht darauf hin, dass die Ausweisung einer Ist-Rücklage in Form derjenigen Beträge, die auf die Rücklage tatsächlich bezahlt wurden, unzureichend ist, wenn dieses Geld – zur Zeit als Liquiditätshilfe eingesetzt – zur Instandsetzung gar nicht zur Verfügung steht. Umgekehrt wäre die Ausweisung der nur auf dem Rücklagenkonto liegenden Beträge als Ist-Rücklage mangelhaft, weil dann nicht erkennbar ist, wieviel Geld aufgrund von Zahlungsverzug einzelner säumiger Miteigentümer in der Rücklagenkasse fehlt und wieviel aufgrund nicht oder noch nicht erfolgter Umbuchung. Es bedarf sonach einer dreifachen Ausweisung: Soll-Rücklage, Ist-Einzahlung und Bankkontenrücklage. Letztere gibt also den Bestand des Rücklagenkontos wieder, während diejenigen Beträge, die zwar auf die Rücklage bezahlt sind, aber noch oder wieder auf einem anderen Konto liegen, separat auszuweisen sind.

LG Düsseldorf, Urteil vom 21.12.2016, Aktenzeichen  25 S 63/16
www.iurado.de/?site=iurado&p=urteile&id=2325

14.12.2016: Bundesgerichtshof: Auch eine GbR kann Eigenbedarf anmelden! Und: die Verletzung der Anbietungspflicht führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung.

Eigenbedarfskündigungen werden nicht selten missbräuchlich ausgesprochen, um lästige Mieter los zu werden. Besonders nahe liegt der Missbrauchsversuch, wenn eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts Hauseigentümerin ist und die Kündigung ausspricht. Denn solche Gesellschaften werden vor allem aus einem Grunde gegründet: Der gewinnbringenden Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen. Deshalb hatte sich das Landgericht München zuletzt einer solchen Eigenbedarfskündigung zugunsten der Tochter eines der Gesellschafter entgegengestellt. Der Bundesgerichtshof stellt aber jetzt klar: Auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann Eigenbedarf anmelden – zugunsten ihrer Gesellschafter und deren Familienmitglieder. Jetzt müssen die Mieter, die sich gegen ihre Entmietung stemmen, weitere Indizien für die Missbräuchlichkeit vorlegen. Allein der Umstand, dass eine GbR kündigt, genügt nicht, um den Prozess zu gewinnen.
Daneben äußert sich der BGH zur Pflicht des Vermieters, dem Mieter in der Kündigung eine andere, gerade freistehende Wohnung im selben Hause anzubieten: Verletze der Vermieter diese Pflicht, so sei er dem Mieter zu Schadensersatz verpflichtet. An der Rechtmäßigkeit der Kündigung ändere sich dadurch aber nichts, so jetzt der BGH – entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung.
Zu der naheliegenden Frage, ob das Nicht-Anbieten einer freien Wohnung im selben Hause vielleicht wenigstens ein Anzeichen dafür sein kann, dass die Kündigung missbräuchlich erfolgt, äußert sich der BGH nicht.

BGH, Urteil vom 14.12.2016, Aktenzeichen VIII ZR 232/15  http://lexetius.com/2016,4141

14.12.2016: Landgericht Hamburg: Genehmigung nicht beschlossener Instandhaltungsmaßnahmen

Es sei zulässig, dass die WEG Instandhaltungsmaßnahmen erst im Nachhinein genehmigt, meint das Landgericht Hamburg. Maßgeblich sei nur, ob der Genehmigungsbeschluss als solcher ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Die Entscheidung ist deshalb etwas heikel, weil der Verwalterin damit womöglich eine Handhabe gegeben wird, die zeitliche Reihenfolge mehrerer für sich genommen notwendiger Arbeiten in ihrem Sinne oder dem einzelner Wohnungseigentümer festzulegen. Es bleibt aber offen, wie die Rechtslage wäre, wenn die Mehrheit der Eigentümer der Verwalterin die nachträgliche Genehmigung versagt hätte – mit der Begründung, dass die Maßnahme als solche zwar in Ordnung war, nicht aber das Vorziehen dieser Maßnahme vor anderen, möglicherweise ebenso dringlichen.
Problematisch ist es, wenn die Eigentümer nicht nur die Instandhaltungsmaßnahme als solche genehmigen, sondern auch die Art und Weise ihrer Durchführung einschließlich der Mangelfreiheit der Arbeiten und der Richtigkeit gestellter und bezahlter Rechnungen.

LG Hamburg, Urteil vom 14.12.2016, Aktenzeichen 318 S 32/16
Ebenso: LG Itzehoe, Urteil vom 09.08.2016, Aktenzeichen 11 S 9/15

14.12.2016: Bundesgerichtshof: 26,3 g Marihuana in der Wohnung als Kündigungsgrund.

Wer Drogen in der Wohnung aufbewahrt, überschreitet damit die Grenzen der vertragsgemäßen Nutzung. Daneben verletzt er auch seine vertragliche Obhutspflicht für die Wohnung. Denn wenn es infolge der Drogenaufbewahrung zu einem Polizeieinsatz kommt, kann hierbei auch die Wohnung, insbesondere die Wohnungstüre, beschädigt werden. Dafür hat der Mieter geradezustehen – im Rahmen der Kündigung ebenso wie durch Zahlung von Schadensersatz. Nur im konkreten Fall hatte der Mieter Glück: Die Polizei war aus einem anderen Grund in seine Wohnung eingedrungen, die Drogen waren nur ein Zufallsfund. Es blieb somit bei der Kündigung; Schadensersatz musste er nicht leisten.

BGH, Urteil vom 14.12.2016, Aktenzeichen VIII ZR 49/16

22.11.2016: Oberlandesgericht Schleswig: Anerkennung des immateriellen Werts von Pflegeleistungen durch Angehörige

Seit 2010 sind bei der Ausgleichung des Erbes unter Geschwistern auch Pflegeleistungen zu berücksichtigen (§ 2057a BGB). Hat eines der Geschwister die Mutter oder den Vater gepflegt, und wurde dadurch zugunsten aller Geschwister Geld gespart mit der Folge, das im Todesfall mehr Vermögen übrig blieb als wenn eine professionelle Pflege engagiert worden wäre, so kann das Geschwister, das gepflegt hat, eine Erhöhung seines Erbteils verlangen. Wie groß diese Erhöhung ist, sagt das Gesetz nicht. Das OLG Schleswig hat nun entschieden, dass für die Bemessung der Erhöhung nicht nur die fiktiven Kosten eines Pflegeheims in Betracht kommen, sondern auch der an sich nicht in Geld messbare Wert der Zuwendung durch einen angehörigen Menschen.

OLG Schleswig, Urteil vom 22.11.2016, Aktenzeichen 3 U 25/16

18.11.2016: Bundesgerichtshof: Bauliche Veränderungen am Sondereigentum?

Für einige Verwunderung sorgt der BGH: Bauliche Veränderungen am Sondereigentum unterlägen denselben Schranken wie bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum. Änderten sie den optischen Gesamteindruck der Anlage, so liege ein von den übrigen Eigentümern nicht hinzunehmender Nachteil vor. Zum Sondereigentum zählen aber nur die Innenräume; außerdem die Innenverkleidungen von Balkonen, vielleicht der Bodenbelag einer Dachterrasse. Fälle, in denen deren Änderung den optischen Gesamteindruck der baulichen Anlage ändert, sind kaum denkbar. Der BGH scheint aber im hiesigen Fall eine Änderung für möglich zu halten: der Sondereigentümer einer Dachterrasse hatte darauf eine Art Vordach angebracht – welches nach den bisher geltenden Regeln Gemeinschaftseigentum geworden sein dürfte. Der BGH will wohl auch nur sagen, dass es bei derartigen Konstruktionen nicht darauf ankommt, ob sie als Teil des Gemeinschafteigentums oder als Teil des Sondereigentums anzusehen sind: ändern sie das Erscheinungsbild der Anlage, müssen alle Eigentümer der Baumaßnahme zustimmen – es sei denn es handle sich um eine Modernisierungsmaßnahme: in diesem Fall genügt eine 3/4-Mehrheit.
Nicht unerheblich scheint ferner noch, dass der BGH meint, demjenigen, der ohne Beschluss das Gemeinschaftseigentum verändert habe, sei noch im Rückbauprozess Gelegenheit zu geben, seine Änderung durch Beschluss der Miteigentümer genehmigen zu lassen. Ohne Beschlussfassung über eine Genehmigung wird also künftig kein Rückbauprozess auskommen.

BGH, Urteil vom 18.11.2016, Aktenzeichen V ZR 49/16

08.11.2016: Landgericht Nürnberg-Fürth: Pflichtverletzungen nach Legionellenbefall

Ergibt die regelmäßig alle drei Jahre fällige Untersuchung des Trinkwassers auf Legionellen (§ 14 III TrinkwV 2001 i.V. m. Anl.4 Teil II b) einen Wert von mehr als 100 KBE, so ist der Vermieter verpflichtet, die Ursachen zu erforschen und die Mieter zu informieren. Im vorliegenden Fall hatte sich der Vermieter trotz konkreter Nachfrage durch den Mieter nicht geäußert. Das LG hat ihn zu Schadensersatz verurteilt. Die Kündigung, die der Mieter erklärt hatte, hat es allerdings nur unter Einhaltung der regelmäßigen Kündigungsfrist (3 Monate) gebilligt – und nicht als fristlose, wie der Mieter sie erklärt hatte. Dies allerdings nicht deshalb, weil nicht auch fristlos hätte gekündigt werden dürfen, sondern weil der Mieter selbst mit seiner Kündigung monatelang gezögert hat und damit zu verstehen gab, dass es ihm tatsächlich nicht so eilig war. Das Landgericht erwägt, dass der Mieter deshalb so lang gezögert hat, weil er vor Ausspruch der Kündigung zunächst eine neue Wohnung habe finden müssen. Dazu erklärt das Gericht, der Mieter habe in dieser Situation das Recht gehabt, fristlos auf ein späteres Datum zu kündigen, also unter Einhaltung einer freiwilligen, zum Beispiel zweimonatigen, sogenannten Auslauffrist.

LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 08.11.2016, Aktenzeichen 7 S 1713/16

26.10.2016: Bundesgerichtshof: Kein Regressverzicht der Gebäudehaftpflichtversicherung, wenn der Mieter grob fahrlässig einen Schaden verursacht.

Der Mieter, der leicht fahrlässig das Mietobjekt beschädigt, haftet seinem Vermieter auf Schadensersatz. Ist das Mietobjekt insoweit versichert, kann die Versicherung, einmal in Anspruch genommen, bei dem Mieter keinen Regress nehmen. Der Mieter ist im Ergebnis mit versichert, wie wenn er selbst den Versicherungsvertrag (für ein eigenes Haus) abgeschlossen hätte. Nach der neuen Entscheidung des BGH gilt das aber nicht, wenn der Mieter den Schaden grob fahrlässig verursacht hat. Während der Eigennutzer einer Immobilie auch dann weitgehenden Versicherungsschutz genießt, wenn er den Schaden grob fahrlässig verursacht hat, muss der Mieter vollen Regress fürchten.

BGH, Urteil vom 26.10.2016, Aktenzeichen IV ZR 52/14

25.10.2016: Oberlandesgericht München: Mangelbeseitigungskosten in Höhe von € 30.000,- als Abnahmehindernis. Acht Raten sind nach MaBV unzulässig.

Viele Bauträgerverträge über die Neuherstellung von Wohnungseigentum sehen vor, dass die Käufer das Gemeinschaftseigentum abzunehmen verpflichtet sind, auch wenn es noch mangelbehaftet ist. Maßgeblich sei allein, ob das Gemeinschaftseigentum gebrauchstauglich ist. Das OLG München hat nun anders entschieden. Schon bei Mangelbeseitigungskosten von € 30.000,- – die in der Regel schon anfallen, wenn die Mängel nur optischer Art sind – könne der einzelne Erwerber die Abnahme verweigern – und damit die Zahlung der letzten Kaufpreisrate.
Hier hatte der Bauträger eigentlich schon Zahlung aus seinem vertraglichen Zahlungsplan verlangt, der für die siebte (und in seinem Fall vorletzte) Rate vorsah, dass diese bei schlichter Abnahmereife fällig wäre – also die Abnahme selbst eben nicht voraussetzte. Zahlungspläne setzen aber die Aufteilung auf sieben Raten voraus. Pläne, die acht Raten vorsehen, sind unwirksam.
So konnte der Bauträger hier weder seine vorletzte Rate bezahlt verlangen noch seine letzte.

OLG München, Urteil vom 25.10.2016, Aktenzeichen 9 U 34/16
Nichtzulassungbeschwerde zurückgewiesen, BGH, VII ZR 291/16